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Barock
Epochenbegriff. Für dessen Einführung in die Musikgeschichtsschreibung hat sich E. Wellesz besonders eingesetzt. Abgeleitet vom Begriff „barucco“ (ital. „unregelmäßig, bizarr“), bezeichnet die Musik zwischen 1570/1600 und ca. 1740/50, zwischen Gegenreformation und Wiener Klassik. Kennzeichnend sind monodischer Stil, Generalbass, musikalische Rhetorik, starke Erweiterung der instrumentalen Formen und Einführung neuer musikdramatischer Gattungen (Oper, Oratorium), wobei für Letztere in Verbindung mit Hof und Zeremoniell eine Tendenz zum Gesamtkunstwerk (Musik, Dichtung, Malerei) festzustellen ist.

Resultierend aus dem Konnex mit der Gegenreformation sind die Hauptträger des B. in Österreich der Kaiserhof (mit seinen Satelliten in Graz, Innsbruck bzw. befreundeten und verwandten Höfen in Italien) und die Kirche, v. a. die großen Klöster und Stifte, aber auch die Jesuiten. Die kirchlichen Träger orientieren sich bis ca. 1700/1720 deutlich am musikalischen Vorbild des Hofes/der Höfe, dann bricht diese Vorbildrolle der kaiserlichen Hofmusikkapelle zunehmend ein.

Das Einsetzen des B. verläuft in Österreich asynchron: Vorreiter sind die traditionell stärker nach Italien orientierten geistlichen Höfe (auch in Verbindung mit der Gegenreformation) an der Wende 16./17. Jh. in Salzburg (Marcus Sitticus) und Wiener Neustadt (Melchior Khlesl). Auch die Erzhzg.e v. Innerösterreich in Graz (v. a. der spätere Kaiser Ferdinand II.) wenden sich um 1600 dem neuen Stil zu, während die HMK Rudolphs II. und Matthias’ weitgehend dem spätniederländischen Stil (franko-flämische Musik) verpflichtet bleiben und nur in der Instrumentalmusik vorsichtig neue Wege beschreiten; das Fortschreiten der B.isierung der Kapellen (geistlich wie weltlich) ist auch an den Besetzungs- und Anstellungslisten zu erkennen: Reduktion der Vokalisten und Sängerknaben-Ensembles zu Gunsten der Instrumentalisten, Anstellung von Kastraten und Sängerinnen (vgl. z. B. L. Köchel 1869). Geht man im Bereich der Kammer- und dramatischen Musik neue Wege, bleiben in der Kirche die alten Stücke (z. B. H. Isaac, J. Gallus, Ph. de Monte), bis sie nicht mehr funktionell sind, sodass ein gewisser Stilpluralismus in diesem Bereich festzustellen ist (siehe z. B. die Tabellen bei Riedel 1977). Der Höhepunkt des B. ist in Österreich nach dem Ende des 30-jährigen Krieges, trotz latenter Türkengefahr, zwischen 1650 und 1740 anzusetzen (Ferdinand III., Leopold I., Joseph I., Karl VI.), wobei die persönliche Musikliebe dieser Kaiser und deren Frauen (v. a. Eleonora Gonzaga II., Claudia Felicitas) verstärkend auf das rein höfische Erfordernis wirkte. Die Erstarrung im Zeremoniell und der stilistische Konservativismus unter Karl VI. führten zum Verlust der für das Hoch- und Spät-B. in Österreich charakteristischen fokussierenden Wirkung des Hofes. Das Ende des B. ist in Österreich noch schwieriger anzusetzen als der Beginn. Zwar ist ein stilistischer Wandel zwischen 1735/50 festzustellen, in den meisten Klöstern ein großer Austausch der Repertoires um 1780, die Musik verliert um 1750 jedoch ihre dominante Stellung innerhalb des Hofes (wie auch die übrigen Hofkünste), die große höfische Oper wird ebenfalls unter Maria Theresia aufgegeben; im funktionellen Bereich der Musik, v. a. im Volksmusik- und volkstümlichen Bereich und innerhalb der Kirche werden barocke Formen und Repertoire bis in das 19. bzw. 20. Jh. gepflegt (z. B. Wallfahrt).


Literatur
E. Wellesz in ZIMG 11 (1909/10); O. Wessely in MGÖ 1 (1977); R. Haas, Die Musik des B.s 1928; E. Th. Hilscher in StMw 41 (1992); A. Sommer-Mathis in J. J. Berns/Th. Rahn, Zeremoniell als höfische Ästhetik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit 1995; H. Chr. Ehalt, Ausdrucksformen absolutististischer Herrschaft 1980; F. W. Riedel, Kirchenmusik am Hofe Karls VI. 1977; E. Schenk in ZfMw 17 (1935).

Autor*innen
Elisabeth Th. Hilscher
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Elisabeth Th. Hilscher, Art. „Barock“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f7d9
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