Die ältesten erhaltenen Belege stammen bereits aus dem Paläolithikum (ca. 40.000–25.000 v. Chr.): angebohrte bzw. künstlich veränderte Knochen aus mehreren Höhlen in Niederösterreich und der Steiermark, die als Pfeifen (für Signale, zum Tierlocken, für magische oder kultische Zwecke [s. Tbsp.]) benutzt werden konnten. Aus der Bronzezeit (ca. 1.700–800 v. Chr., als auch bereits die Alpentäler ständig besiedelt waren) stammen erste erhaltene Gefäßflöten. In der Hallstattzeit (= ältere Eisenzeit in Mitteleuropa, 9.–4. Jh. v. Chr.) nehmen Schüttelidiophone (oft in Tier- oder Kugelform) als Grabbeigaben zu. Schmuck- und Gebrauchsgegenstände legen nahe, dass Schüttelgeräusche auch im Alltagsleben beliebt waren; offenbar hat man auch Vieh mit Schellen behängt. Möglicherweise beginnen sich im Umgang mit Rhythmen, Klängen und Tönen nun bereits apotropäische und spielerische Momente zu vermengen. Phalangenpfeifen mit mehreren Grifflöchern, die also ein Melodiespiel im engeren Sinn ermöglichten, setzen auch eine gewisse Musiktheorie voraus. Neben Kerbflöten gibt es bereits Kernspaltflöten, auffallend ist das Fehlen von Blechblasinstrumenten, während das Fehlen von Trommeln überlieferungsbedingt sein könnte. Den nunmehr neuen Quellentyp Abbildung repräsentieren schließlich Bronzegefäße aus den sog. Fürstengräbern von Kleinklein/St. Ihre sog. Punktbuckeltechnik ist ohne engere Parallelen, die dargestellten Inhalte (darunter Lyraspieler, Aulos- oder Trompetenbläser) verweisen nach dem Süden (Griechenland, Thrakien; Orphik). Zwar gilt die sog. Hallstatt-Kultur als im Vergleich mit dem Mittelmeerraum „verspätet“, doch kann an ihrem Austausch mit anderen Kulturen und einer schon weit fortgeschrittenen sozialen Differenzierung kein Zweifel bestehen. Entsprechend verschiedenartig hat man sich auch Musik und Tanz bei Festlichkeiten, in Kult und Brauchtum, das Instrumentarium (auch aus Metall) usw. vorzustellen. Träger der späten Westhallstattkultur waren eingewanderte Kelten, welche die angestammte Bevölkerung überlagerten. Auch dieser Vorgang hat wohl zu Differenzierungen (bodenständig – neu, Grund- und Oberschichten) geführt. Zu dem im 2. Jh. v. Chr. als erstes Staatsgebilde auf österreichischem Boden entstandenen Illyro-keltischen Königreich Noricum hielten die Römer zunehmend enge Handelsbeziehungen, die sich zweifellos ebenso kulturell niederschlugen wie die Romanisierungswelle unter Kaiser Claudius (15–9 v. Chr.), welche der endgültigen Umwandlung von Noricum in eine römische Provinz (45 n. Chr.) voranging. Römische Truppen brachten dann nicht nur neue Kulte (z. B. Mithraskult, Christentum) ins Land, sondern neuerlich auch deren und ihre eigene, jeweilige Musik. In diesen Zusammenhang gehört besonders die noch spielbare Knochenpfeife mit vier Grifflöchern aus Flavia Solva/St (Antike Instrumente, Austria Romana).
MGÖ 1 (1995); Flotzinger 1988; F. Zagiba, Musikgeschichte Mitteleuropas 1976.