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Arbeitslied
Lieder, die während einer Arbeit und zu ihrer Unterstützung gesungen werden. Man unterscheidet sie am besten nach den entsprechenden Tätigkeiten. Wenn während der Arbeit gesungen wird, um sich zu unterhalten und die Zeit zu verkürzen, kann praktisch fast jedes Lied dafür verwendet werden; man spricht in diesem Fall nicht von A.ern im Sinne einer spezifischen Gattung, was aber nicht heißt, dass es nicht typische Verbindungen zwischen gewissen Arbeiten und Liedern gäbe. So waren in vorindustrieller Zeit bei lange dauernden händischen Gemeinschaftsarbeiten von Frauen wie Federnschleißen, Kukuruzauslösen, Rübenvereinzeln usw. speziell Balladen wegen der langen gemütvollen Texte sehr beliebt. Die bei manchen Arbeiten notwendigen Rufe zur Verständigung, zum Anfeuern der Pferde, zum Locken des Viehs, Kaufrufe, Nachtwächterrufe usw. werden ebenfalls nicht als A.er, sondern als Rufe bezeichnet. Systematisch würden auch Lieder zum Einwiegen von Kindern zu den A.ern gehören, doch werden sie gewöhnlich unter dem Terminus Wiegenlied zusammengefasst. Frühe Fragmente von Arbeitsrufen finden sich im „Vaßziehen“ bei W. Schmeltzl.

Die eigentlichen A.er dienen durch ihren rhythmischen Ablauf der Koordinierung gemeinsamer Tätigkeiten. In Österreich waren das v. a. die Lieder zum Pilotenschlagen beim Bau von Brücken, Schiffshütten usw. (in der Fachsprache „Rammerlieder“) und die Drescher-Sprüche. Bei den Liedern zum Pilotenschlagen wird eine Verszeile gesungen, in der darauffolgenden Pause wird der Rammklotz gemeinsam gehoben und fallengelassen, dann folgt die nächste Zeile usw. Die älteste Aufzeichnung eines Liedes zum Pilotenschlagen wurde aus dem Salzkammergut 1819 für die Sonnleithner-Sammlung eingeschickt; dieses Lied ist in Moll und beschreibt im Text den Arbeitsvorgang („Hebts um und um auf...“, s. Nb.). Im Salzkammergut waren damals zur Schiffbarmachung der Traun für den Salzhandel an die 50 „Steckenschläger“ beschäftigt, die vom Militärdienst befreit und vom Staat bezahlt waren. Pilotenschlägerlieder gibt es jedoch aus allen Bundesländern. Es wurden zu dieser anstrengenden Tätigkeit auch zahlreiche Unterhaltungslieder gesungen, die der Arbeit entsprechend rhythmisiert wurden. Fr. Schubert verwendet in seinem Nocturno in Es, op. 148 ein Motiv, das erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Pilotenlied zeigt. Laut einer Gmundner Überlieferung hat er bei einem Aufenthalt dort 1825 die Steckenschläger gehört (Klier 1952).

Die Dreschersprüche dienten dem koordinierten rhythmischen Ablauf beim Drischeldreschen, der je nach Anzahl der Drescher (zwei bis acht) verschieden war. Sie wurden bei dieser anstrengenden, lauten und staubigen Arbeit nicht gesprochen, sondern waren Merkverse, die speziell dem Anfänger die notwendige Eingliederung in das Rhythmusschema erleichtern sollten (Deutsch/Haid/Zeman 1993).


Literatur
K. M. Klier in JbÖVw 1 (1952); W. Deutsch/G. Haid/H. Zeman, Das Volkslied in Österreich 1993; DTÖ 147/148 (1990).

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Arbeitslied‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f721
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

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© Monika Kornberger
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