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Allgemeines akademisches Gesangs-Institut
Wiener Gesangschule, hervorgegangen aus der Gesang- und Opernschule der ehemaligen Akademie der Tonkunst. Anfang 1858 betrieb ein „prov[isorisches] Adels-Comité“ (unter ihnen die Grafen Gallenberg und Waldstein), welches die Geschäfte führte, die neuerliche Reorganisation der Gesang- und Opernschule und deren Umwandlung in das am 27.11.1858 behördlich konzessionierte A. a. G.-I. unter der künstlerischen Leitung von M. Salvi. Es erfolgte auch eine Umgestaltung der Statuten des Trägervereins (Verein zur Erhaltung eines allgemeinen akademischen Gesangs-Institutes).

Die am 8. Jänner 1859 behördlich genehmigten Vereinsstatuten nennen als Zweck die „Förderung, der Vocal-Musik, des Kirchen-Choral[s] und dramatischen Gesanges in Oesterreich“. Die Vereinsmitglieder teilten sich in wirkliche Mitglieder (leitende Mitglieder mit 10 fl Jahresbeitrag und unterstützende Mitglieder mit 5 fl Jahresbeitrag) und Ehrenmitglieder. Die Vereinsleitung oblag einem fünfköpfigen Komitee mit einem Präses an der Spitze. Der artistische Direktor des Gesangsinstituts wurde vom Komitee ernannt bzw. entlassen, ebenso die Professoren (auf Vorschlag des Direktors). Administrativer Leiter war – zumindest im Herbst 1862 – F. X. Glöggl (II).

Das Gesangsinstitut übersiedelte von der Riemergasse, dem Standort seiner Vorgängerinstitution, über den Bauernmarkt (Wien I; 1858) in die Renngasse (ehemaliges Zeughaus, Wien I; 1859), wo es sich bis 1861 befand; 1862 waren die Unterrichtsräume in der Neuen Kärntnerstraße (später Elisabethstraße, Wien I). Die Schule sollte einen „Nachwuchs wahrhaft kunstgebildeter Sänger, namentlich für die lyrische Bühne“ (Neue Wr. Musik-Ztg. 2.12.1858, 191) heranziehen; sie war aber weiterhin auf private finanzielle Unterstützung angewiesen. Ihr unentgeltlicher Ausbildungskurs umfasste sechs Jahre und teilte sich in drei Abteilungen. Die zweijährige Elementarschule sollte die notwendigen Gesanggrundlagen legen. In der einjährigen Vorbereitungsschule wurde dann auch Klavier („Klavierspiel als Hilfskunst“), Deutsch, Italienisch und Französisch gelehrt. Die dreijährige Ausbildungsschule (erst 1860/61 eröffnet) umfasste neben einer höheren Gesangausbildung auch die Fächer Klavier, Generalbass, Mythologie, Musikgeschichte und -ästhetik, Philosophie („Seelen und Denklehre“), Mimik und Vortragskunst. 1859/60 besuchten 190 Schüler das Institut.

1859 brachten die Schüler Gregorio Allegris, Giovanni Biordis und Giovanni Pierluigi da Palestrinas Lamentationen zur Aufführung und veranstalteten auch ein Konzert zugunsten der Kriegshilfe (mit Werken von J. Haydn, J. P. v. Lindpaintner, F. Schubert, G. F. Händel, G. Rossini, O. Benevoli). Ebenfalls 1859 fand im Carltheater eine Akademie zugunsten des A. a. G.-I.s statt, bei der u. a. R. Csillag und K. Treumann mitwirkten.

Das Institut war zuletzt großer Kritik ausgesetzt („das, was bis jetzt geleistet wurde, ist urdilettantisch, und zeigt überall Mangel an künstlerischer Einsicht und musikalischem Geschmack“, Bll. f. Musik, Theater u. Kunst 5.9.1862, 287). Nachdem im Winter 1861/62 M. Salvi das Institut verlassen hatte, erfolgte Anfang 1863 die Umwandlung in den Verein und die Gesang- und Opernschule Polyhymnia. Interessant ist, dass es zuvor, im November 1862, einen Rettungsversuch durch die beiden Lehrer G. Gentiluomo und A. Arlet gegeben hatte, bei dem auch noch M. Salvi beteiligt war.

Lehrkörper (soweit bekannt, z. T. nur Nennungen): G. Gentiluomo (Dramatischer Gesang 1858–62), L. Hauptmann (1858–62), M. Salvi (1858–61/62), J. Sulzer (Männergesang 1858–59), A. Arlet (1858–62), L. Salvi (1858), Otto Uffmann (1858–59), Marietta Brambilla (1859), F. Krenn (1860/61), Alois Kampas (Klavier als Hilfskunst 1860–62), Carlo Gardini (Italienisch 1862), Katharina Plaschesky-Bauer (Gesang 1862), Josef Boulet (Deklamation und Mimik 1862).


Literatur
St. Koth, Mattteo Salvi Leben u. Werk, Diss. Wien 1988, 78; St. Koth, Matteo Salvi in Wien 1987, 81; Neue Wr. Musik-Ztg. 2.12.1858, 191, 11.8.1859, 126f, 13.9.1860, 146, 27.9.1860, 155; Wr. Ztg. 14.3.1858, 822; Die Presse 14.4.1858, 3; Fremden-Bl. 26.1.1859, 5, 19.2.1859, 3, 20.4.1859, 3, 22.5.1859, 4, 3.12.1859, 4, 13.1.1860, 4, 16.9.1860, 4, 1.10.1860, 3, 19.4.1861, 5, 17.12.1862, 9; Temesvarer Ztg. 12.6.1859, 904; Bll. f. Musik, Theater u. Kunst 28.5.1861, 172, 12.8.1862, 260, 2.9.1862, 284, 5.9.1862, 287; Wr. Theater-Chronik 11.9.1862, 147; Das Vaterland 11.9.1862, 3; Der Zwischen-Akt 2.10.1862, 4, 17.11.1862, 2, 24.11.1862, 3; Illustrirte Ztg. 18.4.1863, 267; J. Kaiser, Lehrer-Schema 1860, 15; NÖLA (Vereinsstatuten 1855–1935/40, K 3963, 151); ÖStA (HHStA, HA, GIdHTh, K. 85, Zl. 1840/1862, 2143/1862).

Autor*innen
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
9.1.2020
Empfohlene Zitierweise
Christian Fastl, Art. „Allgemeines akademisches Gesangs-Institut“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 9.1.2020, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x003b2a38
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Wr. Ztg. 14.3.1858, 822© ANNO/ÖNB

DOI
10.1553/0x003b2a38
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