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Ambros, Ambros, August Wilhelm Familie
August Wilhelm (Pseud. Flamin): * 1816-11-1717.11.1816 Mauth bei Prag/Böhmen (Vysoké Mýto/CZ), † 1876-06-2828.6.1876 Wien. Musikhistoriker, Jurist und Komponist. Der Neffe R. G. Kiesewetters wurde ab 1827 am Prager Kleinseitner Gymnasium, u. a. von Václav Alois Swoboda (1791–1849), ausgebildet. Ab 1837 studierte er Jus an der dortigen Karls-Univ. (Promotion am 27.11.1839). Daneben besuchte er die Malerakad. und bildete sich privat, ohne Zuspruch des Vaters, musikalisch weiter. 1839 Studienreise nach Dresden/D, Leipzig/D und Berlin, um seine Kenntnisse der Kunstgeschichte weiter auszubauen. Im Juni 1840 erhielt er eine Anstellung im Prager Fiskalamt. 1848 wurde A. Staatsanwalt am Appellationsgericht, wo er für die Presse sowie für die Zensur zuständig war. 1850 folgte seine Bestellung zum Staatsanwalt am k. k. Oberlandesgericht in Prag. A. verfasste bereits während seiner Studentenjahre Musikkritiken und Rezensionen, eine Tätigkeit, die ihn bis zu seinem Lebensende begleitete. Seine Anfänge machte er dabei in der Bohemia und als Prager Korrespondent des Pester Spiegels sowie für dessen Kultur-Beilage Schmetterling. Auch als Mitglied des Prager Davidsbundes, der bis 1855 aktiv war und auf R. Schumann zurückging, veröffentlichte er vorrangig in den 1840er und Anfang der 1850er Jahre Musikkritiken unter dem Pseudonym „Flamin“. A. publizierte in der Folge in einer Vielzahl an Zeitschriften und Zeitungen (Prager Zeitung, Hudební listy, Ost und West, Wiener Allgemeine Musikzeitung, NZfM, Anregungen für Kunst, Leben und Wissenschaft, Deutsche Rundschau, Presse, Wiener Zeitung, Wiener Abendpost). Darüber hinaus trat er auch als Musiker an die Öffentlichkeit, sein erster belegter Auftritt fand am 2.5.1841 als Klavierbegleiter der Sängerin Henriette Herrmann statt. Ab 1852 lehrte er am Prager Konservatorium, wo er u. a. die Vorlesung Kunstgeschichte der Musik hielt. 1869–71 wurde er a.o. Prof. für Musiktheorie an der Univ. Prag. Außerdem war er Mitglied im Vorstand des Künstlervereins Arcardia und für den Prager Dombauverein tätig; für Letzteren plante er eine Erneuerung am St. Veits-Dom mit. Ab 1871 war er für die Kunstsektion im Dombauverein verantwortlich. 1872 wechselte A. als Lehrer Kronprinz Rudolphs für Kunst- und Musikgeschichte nach Wien, wo er auch 1874–76 Musikgeschichte am Konservatorium der GdM lehrte (eher formal ist seine Stelle als Oberstaatsanwalt-Stellvertreter im Wiener Justizministerium zu sehen). 1875/76 war er Präses des Wiener Cäcilien-Vereins. A. bedeutendstes Werk ist seine Geschichte der Musik (3 Bde. 1862–68, Bd. IV u. V posthum)), in der er, basierend auf einer reichen Quellensammlung, versucht, die Musikgeschichte kulturgeschichtlich umfassend zu erklären. Dafür unternahm er in den 1860er Jahren mehrere Forschungsreisen nach Wien und Italien. Ob A. sich eingehend mit den Studien Georg Wilhelm Friedrich Hegels für dieses Werk befasste, ist nicht eindeutig belegbar, beeinflussen ließ er sich durch Bernhard Adolf Marx (1795–1866) und F. T. Vischer. Eine Orientierung an den Forschungsarbeiten der Kunstgeschichte ist ebenfalls erkennbar. A. wurde dadurch zum Vordenker einer modernen (historischen) Musikwissenschaft, wie sie zu Ende des Jh.s G. Adler entwarf. Weitere Bedeutung erlangte A. durch ästhetische Schriften, wobei sich seine Urteile anfangs in vielen Aspekten mit jenen seines Jugendfreundes E. Hanslick trafen, er später jedoch auch kontroversielle Standpunkte vertrat; A.’ am klassischen Kunstideal orientierte Position beeinflusste maßgeblich die nachfolgende Generation von Musikforschern und -kritikern (z. B. G. Adler, J. Korngold).
Ehrungen
Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens 1870; Ehrenmitglied der GdM 1872; Eiserne Krone III. Klasse 1874; Ehrenmitglied des Wr. Cäcilien-Vereins.
Werke
Stabat mater 1850; 2 Messen; 2 Symphonien; Ouvertüren; Monodram Libusas Prophezeihung 1850; Bühnenmusik zu Shakespeares Othello (UA 4.3.1848); Klavierkonzert; Kammermusik (Streichquintett, Streichquartett, Trios); Klaviermusik (Sonaten); Lieder; Bearbeitungen.
Schriften
Grenzen der Musik und Poesie 1855; Der Dom zu Prag 1858; Das Conservatorium in Prag 1858; Kulturhistorische Bilder aus dem Musikleben der Gegenwart 1860; Gesch. der Musik 1862–68; Zur Lehre vom Quinten-Verbote. Eine Studie 1859; Bunte Bll. Skizzen und Studien f. Freunde der Musik und der bildenden Kunst 1872; Bunte Bll. Skizzen und Studien f. Freunde der Musik und der bildenden Kunst. Neue Folge 1874; zahlreiche Aufsätze und Rezensionen.
Literatur
St. Wolkenfeld, A. W. A. „Geschichte der Musik“ 2012; M. Štĕdronská, A. W. A. Musikaufsätze und Rezensionen 1872–1876 1 (2017), 2 (2019); M. Štĕdronská (Hg.), A. W. A. Wege seiner Musikkritik,- ästhetik und -historiographie 2021; Ph. Naegele, A. W. A., Diss. Princeton 1954; NGroveD 1 (2001); MGG 1 (1999); ÖBL 1 (1957); Ph. Naegele, A. W. A., Diss. Princeton 1954; R. Heinz, Geschichtsbegriff und Wissenschaftscharakter der Musikwissenschaft in der 2. Hälfte des 19. Jh.s 1968; MGÖ 3 (1995).


Seine Töchter

Maria: * 19.12.1851 Prag, † 1941? (Ort?). Sängerin. Profitierte von dem musikalischen Umfeld ihres Elternhauses. M. schlug eine Karriere als Sängerin ein. Im Konzertsaal präsentierte sie sich spätestens ab 1870. Ob sie ihr Vorhaben, 1870 nach Amerika zu reisen, wahrmachte, ist bisher nicht belegt. Ab 1873 war sie in Wien und Prag als Konzert- und Liedsängerin zu hören, ihre Auftritte lassen sich bis 1880 verfolgen. Als Opernsängerin debütierte sie 1878 in G. Verdis Aida in Genua (Genova/I).

Irene Catharina Josefa (verh. Schlemmer; Ambros-Schlemmer): * 13.11.1853 Prag, † 29.9.1943 Wien. Sängerin, Pädagogin. Durch ihr Elternhaus kam sie in Kontakt mit Künstlern und Künstlerinnen wie H. v. Bülow, H. Richter, J. Epstein, F. Smetana, Sophie Menter, C. Schumann und J. Brahms. Auch F. Liszt, mit welchem sie später eine Freundschaft verband, war regelmäßig zu Gast. Geprägt von diesem musikalischen Umfeld lernte sie Klavierspielen, wobei sie eine künstlerische Laufbahn als Pianistin nicht in Betracht zog. Darüber hinaus erhielt sie auch früh Gesangsunterricht, als ihre erste Gesangslehrerin gilt W. v. Hasselt-Barth. 1873–75 Studium am Konservatorium der GdM bei M. Marchesi, wobei sie von ihr auch privat unterrichtet wurde. Nach ihrer Heirat mit dem Primararzt Joseph Schlemmer (* 27.12.1843 Pressburg [Bratislava], † 2.11.1884 Pressburg) am 8.1.1876 in Wien übersiedelte sie nach Pressburg. Aus der Ehe entstammten Sohn Johann Paul (* 28.8.1880 Pressburg, begr. 10.5.1958 Wien) und Tochter Margaretha (* 6.2.1882 Pressburg, † 28.3.1883 Pressburg). Vor allem in den 1880er Jahren hatte sie als Sängerin zahlreiche Auftritte, u. a. in Wien, Pressburg, Budapest und Prag. So war sie sowohl als Solistin in Chorwerken als auch als Liedinterpretin zu hören. Zeitgleich führte sie einen Salon in Pressburg. Durch ihren Kontakt zu F. Liszt versuchte sie eine Stelle als Gesangspädagogin an der königlichen Musikakad. in Budapest zu bekommen, was jedoch an mangelnden ungarischen Sprachkenntnissen scheiterte. J. Hellmesberger, der sie spätestens 1884 bei der Festmesse des 50-jährigen Priesterjubiläums von Karl Heller unter der Direktion F. Liszts in Pressburg als Solistin gehört hatte, berief sie 1892 als Lehrende für Oper- und Konzertgesang an das Konservatorium der GdM. Hier unterrichtete sie Schülerinnen wie Sigrid Onégin, M. Ivogrün, R. Ethofer und die Schwestern Heim, welche internationale Erfolge auf der Bühne feiern konnten. Neben ihrer Tätigkeit am Konservatorium (und später an der MAkad.) unterrichtete sie auch viele Schülerinnen privat, die sie in ihrem Wiener Salon auftreten ließ. Als Professorin wohnte sie musikwissenschaftlichen und musikpädagogischen Kongressen bei. Angebote einer Tätigkeit an der Berliner MHSch. oder aus Amerika lehnte I. A. ab. 1912/13 setzte sie sich für den Bau eines Denkmals für Ch. W. Gluck ein. 1925 trat sie an der Wiener MAkad. in den Ruhestand, wirkte aber noch bis ins hohe Alter als private Gesangspädagogin sowie als Jurorin bei internationalen und Wiener Musikwettbewerben.


Ehrungen
Prof.-Titel 1905; Goldener Kragen, Rangklasse VII. 1909; Goldenes Verdienstzeichen mit der Krone 1918; Reg.rat 1924; Silbernes Ehrenzeichen der Republik Österreich 1926; Widmungsträgerin von Salvatore Auteri-Manzocchis Six mélodies pour chant avec accompaniment de piano. 3. Soupir. 5. Si vous saviez; gem. mit ihren beiden Schwestern Maria und Karoline Widmungsträgerin von A. W. A.’ Kindheitstage. 14 kurze Klavierstücke für kleine und große Leute, op. 9.


Unter ihren sieben Geschwistern befand sich auch der Maler Raphael A. (* 12.5.1855 Prag, † 19.9.1889 Gutenstein/NÖ).


Literatur
M. Štĕdronská, A. W. A. Musikaufsätze und Rezensionen 1872–1876, 2 (2019), 478f; Neues Wr. Journal 5.6.1917, 6, 17.5.1924, 5f, 25.12.1927, 22, 26.11.1933, 11f, 28.4.1937, 8; NFP 13.3.1877, 7, 21.12.1882, 6, 7.12.1886, 2, 9.10.1892, 6; Die Presse 10.1.1876, 3; Wr. Ztg. 30.6.1876, 8, 18.11.1886, 3, 28.11.1886, 8, 16.12.1886, 2; Neues Wr. Tagbl. 7.12.1886, 6, 26.9.1893, 7, 26.5.1909, 9, 28.5.1918, 4, 9, 1.5.1923, 9, 15.6.1923, 18, 10.8.1924, 11; Dt. Ztg. 12.12.1873, 6; Epoche 26.11.1878, 5; Der Bezirksbote für den politischen Bezirk Bruck a. d. Leitha 14.2.1932, 4; Der Tag 1.3.1928, 11, 4.6.1933, 11; Die Zeit 9.7.1905, 3; Reichspost 23.7.1912, 8; Das Vaterland 21.4.1911, 5; Prager Tagbl. 18.3.1885, 8; Prager Abendbl. 22.2.1877, 3; Dt. Musik-Ztg. 7.3.1888, 67f; NZfM 27.4.1883, 201f, 28.3.1884, 153f, 20.11.1885, 478, 26.2.1886, 5f, 8.5.1888, 219; Signale für die musikalische Welt 35/13 (Februar 1877), 196f, 46/18 (Februar 1888), 280; Bade- und Reisejournal 12.6.1880, 5; Südsteirische Post 27.4.1898, 4; Jahresberichte des Konservatoriums der GdM 1873–75; Trauungsbuch der Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten (Wien I) 1872–76, fol. 249; Taufbuch der Pfarre Kostel Nejsvětější Trojice ve Spálené ulici (Praha Nové Město) 1851–63, fol. 74; Taufbuch der Pfarre Kostel sv. Havla (Praha Staré Mĕsto) 1850–55, fol. 69; Taufbuch der Pfarre Rímskokatolícky farský úrad sv. Martina (Bratislava) 1843–47, fol. 74, 1881–83, fol. 87 u. 1878–80, fol. 232; Sterbebuch der Pfarre Rímskokatolícky farský úrad sv. Martina 1884–86, fol. 80, 1881–83, fol. 231; www.friedhoefewien.at (2/2021); ÖNB, Hss.slg., Sig. 304/80, Brief v. 3.10.1870; Mitt. MUniv. Wien (2/2021); Archiv der MUniv. Wien, Personalakt I. Schlemmer-A.

Autor*innen
Evelyn Szabo
Elisabeth Th. Hilscher
Letzte inhaltliche Änderung
19.7.2022
Empfohlene Zitierweise
Evelyn Szabo/Elisabeth Th. Hilscher, Art. „Ambros, Familie“, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 19.7.2022, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f6cd
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
August Wilhelm Ambros (Pinselzeichnung von Wilhelm Hecht, entstanden vor 1896)© Bildarchiv Austria, ÖNB

DOI
10.1553/0x0001f6cd
GND
Ambros, August Wilhelm: 116297506
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Ambros, Maria: 1259738914
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Ambros, Irene: 11732471X
OBV
Weiterführende Literatur

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