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Konzert
Deutsche Bezeichnung für ital. concerto, als ein kompositorisches Prinzip, als eine entsprechende musikalische Form und Gattung (I) oder schließlich auch eine musikalische Veranstaltung (II). Im Englischen und Französischen wird zwischen der ersten Bedeutungsebene (concerto) und der zweiten (concert) terminologisch unterschieden.

(I) In Übereinstimmung mit der Doppeldeutigkeit des lat. Wortes concertare als „wetteifern, kämpfen, streiten“ oder auch „mit jemandem zusammenwirken“ wurden von Ende des 16. bis Mitte des 18. Jh.s als Concerto Werke verschiedenen Charakters bezeichnet. Ursprünglich eine Bezeichnung für vokal-instrumentale Werke mit verschiedenen Besetzungen, Stimmenzahl und Texten, entwickelte sich Concerto im 17. und 18. Jh. zur Gattungsbezeichnung in der Instrumentalmusik. Zum erstenmal scheint der Begriff in Concerti per voci, & strumenti musicali von A. und G. Gabrieli (Venedig 1587) für 6- bis 16-stimmige gemischte Vokal- und Instrumentalmusik auf. Adriano Banchieris Concerti ecclesiastici (1595) sind wahrscheinlich das erste Werk, das diesen Begriff für ausschließlich geistliche Musik verwendet. Nach dem Vorbild von G. Gabrielis groß angelegten Sacrae Symphoniae (1597) schuf Lodovico Grossi da Viadana seine epochemachenden Cento concerti ecclesiastici (Venedig 1602, 1607, 1609) für Solostimmen und B. c., in denen er den monumentalen, auf antiphonaler Praxis basierenden k.ierenden Stil auf kleinere Besetzungen übertrug.

Die Anfänge des Instrumental-K.s hängen eng mit der raschen Entwicklung des Instrumentalspiels zusammen. Aus konzertanten Solostellen in Instrumentalkompositionen venezianischer Komponisten wie Dario Castello, Tarquinio Merula, Biagio Marini, Marco Ucellini u. a. entwickelte sich allmählich eine selbständige Gattung, die auf der Gegenüberstellung zweier kontrastierender Klanggruppen (concerto grosso vs. concertino bzw. solo vs. tutti) basierte. Nach Alessandro Stradella, der dieses Prinzip von seinen Kantaten auf die Instrumentalmusik übertrug (Sinfonia per violini e bassi a concertino e concerto grosso distinti, 1670/80), scheint die Bezeichnung concerto grosso als Werktitel zuerst in Giovanni Lorenzo Gregoris Concerti grossi a più stromenti (Lucca 1698), bei Arcangelo Corelli (Concerti grossi op. 6, um 1680, gedr. 1714) und Giuseppe Torelli (Concerti musicali a 4 op. 6, 1698; Concerti grossi op. 8, um 1690, gedr. Bologna 1709) auf. Corellis Vorbild wirkte auf die ganze darauffolgende Komponistengeneration in Italien und Deutschland. Obwohl Ge. Muffat als überzeugter Anhänger Corellis das Prinzip des Armonico tributo (1682) zum Tragen hatte kommen lassen und ausführlich in seiner Vorrede zur Ausserlesenen [...] Instrumental-Musik (Passau 1701) beschrieb, nahm es in Österreich als selbständige Gattung eine nur unbedeutende Rolle ein. Als Orchestrierungsprinzip wurde das Concerto grosso aber intensiv in der Arienbegleitung in der Oper, im Oratorium und auch der italienischen Kantate zwischen ca. 1700 und 1716 von den Wiener Hofkomponisten C. A. Badia, G. Bononcini, M. A. Ziani, J. J. Fux oder auch A. Caldara angewandt.

Als Sonderform des Concerto grosso entwickelte sich im 17. und 18. Jh. der Typus des solo concerto. Die Bezeichnung für diese Gattung war jedoch nicht eindeutig und variierte zwischen Sinfonia, Concerto oder Concerto grosso. Darüber hinaus konnte das K. ähnlich wie die Sonate sowohl für die Kirche (Concerto da chiesa) als auch zur Unterhaltung vornehmer Gesellschaft an Höfen, Akademien oder auch in der Oper (Concerto da camera) dienen. In Wien wurden im katholischen Hochamt nur verhältnismäßig kurze Sonaten aufgeführt, K.e waren in der Kirche nicht erlaubt. Als einflussreichster und fruchtbarster Komponist der Gattung des Solo-K.es gilt A. Vivaldi, der die dreisätzige italienische Concerto-Form „schnell-langsam-schnell“ des virtuosen Instrumental-K.es mit kleingliedrig gestaltetem Solo-Tutti-Wechsel als Gattungstypus vollendete und neben der Violine zahlreiche weitere Soloinstrumente (Viola d’amore, Mandoline, Flöte oder Fagott u. a.) einsetzte. Nach dem internationalen Erfolg der Sammlung L’estro armonico (Amsterdam 1711) dürften Vivaldis Instrumental-K.e auch in Österreich bekannt gewesen sein; auch widmete er 1728 Kaiser Karl VI. die Sammlung von Violin-K.en La Cetra. Der virtuose Violinstil Vivaldis wurde von Franceso Maria Veracini, Pietro Locatelli (zwölf K.e op. 3, 1733) und Giuseppe Tartini weiterentwickelt; J. S. Bach übertrug einige K.e Vivaldis für ein melodisches Instrument auf das Klavier. Seit dem späten 18. Jh. wurde als K. ein vorwiegend dreisätziges Werk für ein oder mehrere Soloinstrumente und Orchester bezeichnet; formal zeichnet sich ein Abgehen vom Ritornell- zum Sonatentypus ab.

In Wien wurde die Basis für die Entwicklung des Solo-K.es primär durch die Arie mit konzertanten Instrumenten in den musikdramatischen Formen gelegt. Neben G. Bononcini, A. Ariosti oder J. J. Fux, die schon kurz nach 1700 zahlreiche konzertante Partien für Oboe(n), Chalumeau, Fagott oder Violine komponierten, waren es später v. a. A. Caldara, aber auch G. Porsile oder G. Reutter d. J., deren hochvirtuose und galant verspielte Instrumentalstimmen (nach 1720 v. a. für Violine, Violoncello, Fagott, Trompete und Salterio bestimmt) dem höchsten spieltechnischen Niveau der Zeit entsprechen. Die verspätete Entstehung des Verlagswesens und wahrscheinlich auch das Fehlen großer öffentlicher Institutionen in Wien (wie z. B. die Concerts Spirituels in Paris) hatten zur Folge, dass das K. in Österreich auch in der 2. Hälfte des 18. Jh.s – anders als Symphonie, Klaviersonate oder Streichquartett – eher im Hintergrund der kompositorischen Produktion stand: Aus der Zeit zwischen ca. 1750 und 1780 sind nur etwa 50 Werke von fünfzehn Komponisten überliefert: G. M. Monn, G. Ch. Wagenseil, M. Schlöger, J. Starzer, F. Asplmayr, J. und M. Haydn, C. Ditters v. Dittersdorf, J. B. Vanhal, Leop. Hofmann, C. d’Ordoñez, W. A. Mozart, W. Pichl, L. Tomasini und F. Lamotte. Stilistisch stellen diese Werke eine Vermischung der norddeutschen Tradition mit einem vollstimmigen vierstimmigen Accompagnement (Franz Benda) und der italienischen Einflüsse mit reduzierter Begleitung (G. Tartini) dar. Die ersten Klavier-K.e stammen von den Grazer Stadtmusikern J. M. Steinbacher und A. J. Sgatberoni.

Von zahlreichen (aber größtenteils angezweifelten) K.en J. Haydns sticht das K. für Violoncello in D (Hob. VIIb:2, 1783) hervor, das durch den hochidiomatischen Instrumentalstil des Soloparts neue Maßstäbe der Violoncellotechnik setzt. Die Höhepunkte der Gattung bilden Instrumental-K.e W. A. Mozarts, charakterisiert durch ein neu aufgefasstes Verhältnis zwischen Solo und Tutti sowie differenzierte Behandlung der Orchesterstimmen: fünf Violin-K.e, 1775 für die Salzburger Hofkapelle komponiert (B KV 207, D KV 211, G KV 216, D KV 218, A KV 219) und 21 Klavier-K.e (1 K. für zwei, eines für 3 Klaviere), die den Übergang von einer Unterhaltungs- zur zentralen Komposition der künstlerischen Veranstaltungen darstellen, und die auch eine direkte Vorstufe zu den Klavier-K.en L. v. Beethovens bilden. Mozarts Bläser-K.e entstanden als Gelegenheitswerke: Fagott-K. (KV 191, 1774), vier Horn-K.e, das Klarinetten-K. (1791), zugleich die letzte K.komposition Mozarts.

Die schon in der Arienbegleitung der italienischen Oper übliche Übernahme der Solopartien von Tutti-Musikern führte zur Entstehung der Symphonia concertante, Konzertante Symphonie (concerto, Duo en concert), die sich insbesondere während der letzten Jahrzehnte des 18. Jh.s zuerst durch Jean-Baptiste Davaux in Paris und danach C. Stamitz sowie zahlreiche österreichische Komponisten wie F. A. Hoffmeister, F. Krommer, C. Dittersdorf, L. A. Koželuh, J. Haydn (Hob. I:105), W. A. Mozart (Concertone KV 190; Sinfonia concertante KV 364) und L. v. Beethoven (Tripel-K. op. 56) großer Beliebtheit erfreute. Im 19. Jh. wurde diese Gattung auch Doppel-, Tripel- oder Quadrupel-K. genannt.

Der Begriff Concertino bzw. K.stück fungierte schon seit dem 18. Jh. als Bezeichnung für ein K. kleineren Umfanges, entweder in Sonatenform (C. M. v. Weber op. 79, 1821) oder als freie Form (L. v. Beethoven: Romanzen op. 40 und 50) komponiert.

Im 19. Jh. kristallisierten sich zwei Haupttypen des Instrumental-K.es heraus: 1) das virtuose K. mit dem eindeutig dominierenden Soloinstrument und deutlicher Gegenüberstellung von Solo- und Orchesterpart, und 2) das symphonische K., eine Form von gleichwertigem Dialog zwischen Soloinstrument, Orchestersoli und Orchester. Obwohl sowohl die fünf Klavier-K.e von L. v. Beethoven als auch sein Violin-K. D-Dur op. 61 (1806) durch die Ausgewogenheit von Solo und Orchester, instrumentaler Virtuosität und symphonischen und narrativen Elementen als exemplarisch für das ganze 19. Jh. galten, war es das virtuose K., das in den ersten Jahrzehnten den K.betrieb weitgehend beherrschte.

Den Höhepunkt erlebte das symphonische K. durch Werke J. Brahms' (K. Nr. 1 d-Moll für Kl. u. Orch., op. 15, K. Nr. 2 B-Dur f. Kl. und Orch., op. 83, und K. D-Dur f. V. u. Orch., op. 77).

Typisch für das ausgehende 19. Jh. ist das Ersetzen der früher üblichen Personalunion von Komponist und Interpret (z. B. Vivaldi, Tartini, Mozart oder noch F. Chopin) durch eine Zusammenarbeit des Komponisten mit einem Instrumentalvirtuosen, wie z. B. die Felix Mendelssohn Bartholdys mit Ferdinand David (Violin-K. op. 64, 1844) oder die von J. Brahms, R. Schumann (d-Moll, WoO 43, 1853), A. Dvořák (Violin-K. op. 53) oder Max Bruch (op. 26, 1866) mit J. Joachim.

Die instrumentale Virtuosität als faszinierender Aspekt der publikumswirksamen Künstlerpräsentation blieb der Gattung auch im 20. Jh. durchgehend erhalten. Darüber hinaus wurde das K. zu einer Plattform für ein vielschichtiges Zusammentreffen multipler kompositorischer, auch experimenteller Techniken, Einflüsse oder Besetzungen. Diese gattungsspezifische Komplexität zeigt z. B. das Violin-K. von G. Ligeti (1990, 1992) mit skordierter V. und Va., Okarinen, einer Blockflöte und Lotosflöten, Naturhorn und Naturpos., in dem Elemente afrikanischer und fernöstlicher Musik mit Polyrhythmik und nicht temperierten Stimmungssystemen miteinander verknüpft werden. Nicht selten wurde das K. zu einer persönlichen, politisch motivierten Aussage des Komponisten (G. v. Zieritz: Das Zigeuner-K. 1982).

Die Richtung des symphonischen K.es wurde durch K. Goldmark (Violin-K. op. 28), F. Busoni (Concerto für Kl. und Orch. mit Männerchor op. 39) oder später auch K. Penderecki, G. Ligeti (Violoncello-K., 1966) u. a. fortgesetzt. Wichtige Impulse kamen aus der Folklore (Béla Bartók: zwei Rhapsodien für V. und Orch., 1929; 2. Violin-K., 1938) und Jazz (G. v. Einem: Concerto für Orch. op. 4, 1943; F. Gulda: Concerto für myself, 1988; K. für Vc. und Blasorch.).

Einen bedeutsamen Anstoß bekam das K. seit den 1920er Jahren durch neoklassizistische Tendenzen (Klassizismus), die sowohl alte Formen wie concerto, concerto grosso oder symphonie concertante als auch das Instrumentarium (Cembalo, Viola d’amore) neu aufleben ließen, in Österreich durch E. Krenek (Concerto grosso op. 11 für 6 Soloinstrumente und Streichorch., 1921; 2. Concerto grosso op. 25, 1924, Concertino für Fl., V., Cembalo und Streichorch. op. 27, 1927), G. v. Einem (Concerto für Orch. op. 4, 1943, Concerto Carintico per dodici archi, op. 86, 1988), G. Neuwirth (Concerto da camera für Sprecher, Chor, Kammerorch. und Kl., 1954), P. Angerer (K. für Cembalo und sechs Blasinstrumente, 1950; K. für Viola da Gamba, Streicher und Schlagzeug, 1962) oder H. Eder (Concerto semiserio für zwei Kl.e und Orch. op. 30, 1960) vertreten.

Wichtige Impulse kamen von der Wiener Schule. Während A. Schönberg in seinem K. für V. und Orch. op. 36 (1935/36), dem K. für Kl. und Orch. op. 42 (1942) und der Bearbeitung des Concerto per Clavicembalo aus dem Jahr 1746 von G. M. Monn (1932) als K. für Vc. und Orch. (1932/33) für Pablo Casals komponiert, und dem K. für Streichquartett und Orch. nach dem Concerto grosso op. 6, Nr. 7 von G. F. Händel (1933) eher Bezug auf die alten Formen nahm, setzte sich Alban Berg mit alten Kompositionstechniken wie strenger Polyphonie, Zahlensymbolik und Dodekaphonie (Zwölftontechniken) in modifizierter Form (Violin-K. Dem Andenken eines Engels, 1935) auseinander. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die dodekaphone Richtung z. B. durch das 1. Violin-K. op. 32 von H. Eder oder das K. für Orgel und Orch. (1963) von A. Heiller fortgesetzt.

Die bedeutsame Stellung des Instrumental-K.es im K.betrieb provozierte in Österreich auch in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende K.produktion. Neben Werken für übliche Soloinstrumente (G. v. Einem: K. für Kl. und Orch. op. 20, 1955; K. für V. und Orch. op. 33, 1967; F. Cerha: K. für V., Vc. und Orch., 1975/76; H. Erbse: Klavier-K.e, Tripel-K. für V., Vc., Kl. und Orch. op. 32, 1972/73; I. Eröd: Viola-K. op. 30, 1979/1980, E. Krenek: Cello-K. Nr. 2, 1982) oder Blasinstrumente (G. v. Zieritz: Gifthorner K. für Fl., Harfe und Streichorch., 1940; K. für 2 Trp. in B und Orch., 1975; H. Eder: K. für Fg. und Kammerorch. op. 49, 1968, Duetto-Concerto für zwei Fl.n und Orch. op. 95, 1991; K. für Ob. und Orch., 1996, R. Bischof: Flöten-K. für Fl. und Streichorch. op. 11/1, 1978/79; K. Rapf: Trompeten-K., 1992; K. für Fl., Klar. und Orch., 1994) entstanden aufgrund wachsender Nachfrage der Interpreten und K.veranstalter auch K.e für unkonventionelle Instrumente (H. Ebenhöh: K. für doppeltes Schlagzeug und Orch., op. 39, 1976, K. für Basspos., Streicher und Schlagzeug op. 54, 1981; K. für Saxophonquartett und kleines Orch. op. 73, 1989; K. für drei Schlagzeuger und Orch. op. 75/ 1990; K. für Baritonsax. und kleines Orch. op. 76, 1991, K. Rapf: K. für Marimba und Schlagzeug, 1984), sowie K.e für mannigfaltige Besetzungen (G. v. Zieritz: K. für einen Bläser auf verschiedenen Fl.n und Orch., 1970; Ch. Muthspiel: K. für Kl. und 18 Bläser, 1996; B. Schaeffer: K. für 2 Kl.e [achthändig]; 1988). Die Veröffentlichung zahlreicher K.e (Doblinger-Verlag) trägt dabei entscheidend zu ihrer Verbreitung bei.

(II) Voraussetzung für die Entstehung des K.es als Darbietungsform war eine Wechselwirkung von Komposition und Aufführung bzw. Produktion und Reproduktion. Anders als bei anderen Darbietungsformen wie Fest, Kirche, Hof, Oper nimmt hier die Musik die zentrale Position ein. In seiner entwickelten Form setzt das K. bestimmte Verhaltensnormen voraus wie z. B. Verzicht auf Konversation oder kulinarische Genüsse während der Darbietung.

Die Entwicklung des K.wesens, dessen Anfänge bereits in der Spätrenaissance an den Höfen oder den italienischen Akademien zu finden sind, hängt einerseits mit der Formierung der bürgerlichen Gesellschaft zusammen, die das Musizieren als Dienstleistung und Musik als Ware betrachtet (bürgerliche Musikkultur), andererseits mit der Verselbständigung der Künste sowie der Instrumentalmusik. Ab ca. 1600 wurde im halböffentlichen Rahmen der vorwiegend bürgerlichen Schichten haus- oder kammermusikalisches Musizieren organisiert, das sog. Collegium musicum (das älteste entstand 1613 in der Schweiz). Der Beginn des professionellen K.wesens liegt in Frankreich und England, wo K.e entweder von Mäzenen oder Interpreten selbst organisiert wurden. Weitere K.-Formen waren die bis ins 19. Jh. üblichen Garten-K.e oder K.e in den Vergnügungsparks sowie Auftritte der Instrumentalisten in der Oper zwischen den Akten. 1710 wurde in London die erste öffentliche K.organisation, die Academy of Ancient Music (1710–92), eröffnet, auf die die von Telemann organisierten K.-Reihen 1713 in Frankfurt am Main und 1723 in Hamburg folgten, weiters die Concerts spirituels in Paris (1725–91, 1805), oder die Bach-Abel-K.e (1765–82). 1781 entstanden in Leipzig die bedeutenden Gewandhaus-K.e. In Italien waren die Hauptträger des K.wesens die Konservatorien, an denen K.e (vorwiegend Oratorienaufführungen) unter Beteiligung bedeutender Künstler veranstaltet wurden. Im Rahmen der 1769 gegründeten Concerts des amateurs in Paris wurden Symphonien von François-Joseph Gossec, C. Stamitz oder J. B. Wanhal aufgeführt; 1784–89 komponierte Haydn sechs Symphonien als Auftrag für die Concerts de la Loge Olympique (gegr. 1780). Zu den Hauptmerkmalen des sich entwickelnden K.wesens gehören in jener Zeit die vom Kirchenjahr unabhängige Regelmäßigkeit der Aufführungen sowie Bindung des Publikums in Form von Subskriptionen oder später Abonnements. Um die Mitte des 18. Jh.s wurde die Organisation der K.e zunehmend von K.managern übernommen.

In Wien konzentrierten sich die musikalischen Produktionen zuerst am Hof in Form von Tafelmusiken und Serenaden, bei denen z. T. namhafte Sänger und Instrumentalisten mitwirkten, oder im Rahmen von Privatkapellen des musizierenden Adels (Familien Schwarzenberg, Liechtenstein, Thun, Lobkowitz, Kinsky, Grassalkowics, Esterházy, Sachsen-Hildburghausen). Seit den 1760er Jahren und intensiver ab den 1780er Jahren fanden im Burgtheater und Kärntnertortheater an spielfreien Tagen und während der Advent- und Fastenzeit die sog. musikalischen Akademien mit Oratorien, Kantaten, Chören, Arien oder Instrumentalmusik statt. 1771 wurde von F. Gaßmann das erste öffentliche K.institut in Wien, die Tonkünstler-Sozietät, gegründet, mit professionellen Musikern als Mitgliedern (Tätigkeit bis 1871). Das Programm der K.e, die zweimal jährlich stattfanden, basierte zunächst auf konzertanten Aufführungen von Oratorien von J. A. Hasse, C. Ditters v. Dittersdorf, A. Salieri, J. Haydn und W. A. Mozart, die in den Pausen durch Auftritte von einheimischen (Dittersdorf) oder fremden Instrumentalvirtuosen (C. Stamitz, F. Lamotte) ergänzt wurden. 1777 veranstaltete die Tonkünstler-Sozietät nach dem Vorbild der Pariser Concerts spirituels die erste sog. gemischte Akademie mit Kantaten, Chören und Orchestermusik (Sinfonien, K.e), an denen sich in den Jahren 1781, 1783, 1785 und 1789 auch W. A. Mozart beteiligte. Weitere Akademien, oft mit Kindern als Ausführende, wurden in Wien durch Privatpersonen oder Künstler selbst organisiert. Die erste K.veranstaltung mit einem professionellen Orchester (einem von W. A. Mozart engagierten kompletten Theaterorchester) fand in Wien im Februar 1785 statt. 1780–1803 ließ Freiherr G. v. Swieten in privatem Rahmen zahlreiche Kompositionen aus der Barockzeit sowie Oratorien von G. F. Händel aufführen. Diese Aufführungen, in der k. u. k. Hofbibliothek oder im Palais des Fürsten Schwarzenberg auf dem Mehlmarkt veranstaltet und von bedeutenden Sängern und Instrumentalisten des Opernorchesters und der Wiener Hofkapelle vorgetragen, wurden von den Wiener adeligen Musikliebhabern Lobkowitz, Schwarzenberg, Dietrichstein u. a. finanziell mitgetragen. Eine Schlüsselposition in der Entwicklung des Wiener K.wesens nimmt der nicht näher bekannte K.unternehmer Ph. J. Martin ein, der u. a. mit einem von ihm gegründeten Dilettanten-Orchester in der K.stätte „Mehlgrube“ auf dem Neuen Markt 1781/82 eine Reihe von Dilettanten-K.en organisierte. Ähnlich wie vergleichbare Institutionen in Berlin, London oder Paris wurde 1812 auch in Wien ein Musikverein, die Gesellschaft der Musikfreunde gegründet; im Rahmen der sog. Concerts spirituels (gegründet 1819 von F. X. Gebauer) wurden von Dilettanten zuerst geistliche Musik, danach auch Werke Beethovens systematisch aufgeführt.

Der steigende spieltechnische Anspruch im gesamten Bereich der Instrumentalmusik erforderte in zunehmendem Maße professionelle Orchester und führte dadurch auch zur Professionalisierung des K.wesens (gezielte Programmpolitik, nummerierte Sitze, gedruckte K.zettel nach 1800 etc.). Nach den ersten, erfolglosen Versuchen F. Lachners in Wien 1833 begründete 1842 O. Nicolai die ersten regelmäßigen Philharmonischen K.e mit dem Hofopernorchester (später Wiener Philharmoniker). Der Zugang des Volkes zu K.en wurde durch sog. „VolkssymphonieK.e“ wie in den Großstädten Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands auch in Wien (wie etwa die Promenaden-K.e seit 1870 mit der Kapelle von E. Strauß) ermöglicht.

Die Programme der Virtuosen- und auch Unterhaltungs-K.e waren bis gegen 1850 noch sehr bunt und lang, mit Werken für z. T. verschiedene Besetzungen und unterbrochen durch eine „Conversations“-Pause unterschiedlicher Länge. Erst dann wurden die Programme einheitlicher und überhaupt erst gegen Ende des Jh.s waren markante K.-Gestaltungen handelnder Personen (Dirigenten, Interpreten) möglich. Sehr früh wurden Programmzettel, Periochen, Texte und schließlich auch schon unterschiedliche Programmeinführungen, gewissermaßen als Gegenstücke zur Musikkritik, angeboten. Das Auswendig-Spielen setzte sich ab der Mitte des 19. Jh.s durch. Das Recital als rein solistische Veranstaltung wurde erst ab ca. 1840 (F. Liszts Auftritt in London) üblich; seit 1849 wurden in Wien regelmäßig wichtige Streichquartett-K.e (J. Hellmesberger) veranstaltet. Kurz nach 1900 erreichte das K.wesen seinen Höhepunkt, zugleich veränderte sich sein Charakter durch die Entwicklung der Tonträger. Gleichzeitig wurde das Spektrum der öffentlichen K.e durch exotische Musik, dann (zuerst in den USA und später auch in Europa) Jazz- und ab den 1940er Jahren auch Pop- und Rock-K.e erweitert.

In Wien wurde das K.leben nach 1900 durch die sehr aktive Gesellschaft der Musikfreunde mit Hauptträger Singverein der Gesellschaft und die Philharmonischen K.e geprägt. Der Mangel an professionellen Orchestern führte zur Gründung des Wiener K.-Vereins (1.5.1900), der auch K.e für Schüler und Sinfonie-K.e für die Arbeiterschaft Wiens veranstaltete (Arbeiter-Sinfoniekonzerte), und des Wiener Tonkünstlerorchesters (gegr. 1907). Aus der Zusammenführung dieser zwei Orchester entstanden die Wiener Symphoniker (seit 1933/34). Ein bedeutsamer Impuls kam vom Bau des multifunktionell konzipierten Wiener Konzerthauses (1913), mit K.sälen, einem Nobelrestaurant, Redouten etc.

Die veränderte politische Situation nach 1918 führte zur Übernahme der K.pflege durch den Staat, mit Betonung auf Pflege der österreichischen Musik, auch der zeitgenössischen Musik und Avantgarde (vgl. die K.e der Wiener Gesellschaft für Musikfreunde 1912–37, oder das Programm der Wiener Oper 1918–45 [Staatsoper] mit zahlreichen Aufführungen zeitgenössischer österreichischer Komponisten). Die Abonnenten-K.e des Wiener K.hauses 1918–44 brachten von den österreichischen Komponisten v. a. Beethoven und A. Bruckner zur Aufführung. Trotz der schwierigen finanziellen Lage der Nachkriegsjahre fanden in Wien und anderen Städten zahlreiche Musikfeste statt, die entweder vom Bund oder den Gemeinden organisiert wurden (Wien: Meisteraufführungen Wiener Musik in den 1920er Jahren, die von M. Graf veranstalteten Wiener Musikfeste, Musikfeste zu Komponistenjubiläen: 1927 Beethoven, 1928 Schubert, 1933 Brahms, Mozartwoche des Deutschen Reiches 1941, Salzburger Festspiele seit 1920, Steiermärkisches Musikfest in Knittelfeld 1927). Zahlreiche K.e wurden auch vom Steirischen Tonkünstlerbund (gegr. 1928 in Graz) initiiert. Eine Sonderposition nimmt der von A. Schönberg ins Leben gerufene Verein für musikalische Privataufführungen (1918–24) ein mit K.en zeitgenössischer Musik ausschließlich für Vereinsmitglieder.

Nach 1945 fand weltweit eine bedeutsame Intensivierung des K.lebens statt, das allerdings durch die Entwicklung von Tonträgern und Entstehung von Medienpublikum und minderwertige Veranstaltungen im Interesse hoher Gewinne negativ beeinflusst wurde; der Einführung von verschiedenen Sparprogrammen konnte durch Sponsoring entgegengesteuert werden. Neue Impulse kamen auch von der Bewegung für stilgerechte Aufführungspraxis der Alten Musik, die in Österreich bereits in den 1930er Jahren begann und nach 1945 zu einer international anerkannten Szene wurde. Aus dem Bedarf, Kompositionsaufträge zu vergeben und diese neuen Werke aufzuführen, wurde 1969 das ORF Symphonieorchester gegründet; Ensembles wie die reihe (1958), Ensemble Kontrapunkte (1965) oder das Klangforum Wien widmen sich in ihren K.en der Musik des 20. Jh.s und der Avantgarde. Intensive K.tätigkeit kommt von den Amateur-Orchestern (Neuer Wiener Orchesterverein, Akademischer Orchesterverein, Universitätsorchester Linz u. a.). Die Suche nach weiteren Möglichkeiten und Erschließung von neuem Publikum führte in den letzten Jahrzehnten des 20. Jh.s zur Entstehung zahlreicher Festivals mit verschiedenen Schwerpunkten oder mit bekannten Interpreten im Vordergrund.


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Autor*innen
Dagmar Glüxam
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Dagmar Glüxam, Art. „Konzert‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d581
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10.1553/0x0001d581
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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft

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