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Wiener Geigerschule
Interpretationsschule, die – auf der älteren Wiener Tradition mit Violinisten wie W. Pichl, C. Ditters v. Dittersdorf, L. Hofmann, A. Wranitzky basierend – im 19. Jh. europaweite Akzeptanz und Anerkennung erreichte. Als ausschlaggebend gilt in diesem Zusammenhang die Anstellung Jos. Böhms als erstem Violinprofessor am Wiener Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde 1819, aus dessen Klasse zahlreiche bedeutende Violinisten wie G. Hellmesberger d. Ä., H. Ernst, J. Dont, J. Joachim, E. Rappoldi, E. Rémenyi, L. Strauss und in weiteren Generationen J. Hellmesberger d. Ä. und d. J., Ernst Morawec, M. Rostal, F. Kreisler, W. Schneiderhan, E. Melkus u. v. a. hervorgingen. Als typisches Merkmal der Musiker der ersten Generation gilt die Verbindung von Solistentum mit Kammermusik- und Orchesterspiel; einen weiteren wichtigen Bereich bildete auch die – mitunter intensive – kompositorische Tätigkeit. Stilistisch zeichneten sich die Wiener Violinisten durch solides technisches Handwerk und hohe Tonqualität aus, verknüpft mit Treue zur klassischen Tradition.

Der Erfolg Böhms basiert auf der Anwendung der sog. Lancaster’schen Methode, nach der der Unterricht unter der Oberaufsicht einer einzigen Persönlichkeit durchgeführt werden soll. Als unterstützendes Element wirken dabei ältere Schüler in der Funktion von helfenden Aufsehern. Darüber hinaus sprach sich Böhm (ähnlich wie A. Salieri) entschieden gegen die übermäßige Verwendung des sog. Portamento aus. Nicht zuletzt war für die großen Erfolge Böhms der günstige Zeitpunkt maßgebend in Zusammenhang mit der Entstehung des professionellen Musikerstandes, anspruchsvoller symphonischer Musik (L. v. Beethoven) und des Virtuosentums mit brillanter Konzertliteratur, die Bedarf nach systematischer Ausbildung weckten.


Literatur
E. Hanslick, Gesch. des Concertwesens in Wien 1869 (ND 1979); R. Haas in MQ 34 (1948); E. Hellsberg, Joseph Mayseder, Diss. Wien 1955; A. Moser, Gesch. des Violinspiels 1923, 2. verbesserte Aufl. hg. v. H.-J. Nösselt 1966; C. Hellsberg, Ignaz Schuppanzigh (Wien 1776–1830), Diss. Wien 1979; D. Glüxam in ÖMZ 61/6 (2006).

Autor*innen
Dagmar Glüxam
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Dagmar Glüxam, Art. „Wiener Geigerschule‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e6c3
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