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Turmblasen
Unter T. versteht man heute den nicht nur in Österreich weit verbreiteten Brauch, dass Bläsergruppen am Weihnachtsabend von einem Kirchturm aus, meist vor oder nach der Mette, weihnachtliche Weisen zur Verschönerung des Festes hören lassen. Damit wird an die Tradition der Thurner angeknüpft. Diese Tradition endete in den meisten Orten spätestens im 19. Jh., war aber noch soweit in Erinnerung, dass sie als Anregung für eine brauchmäßige Neuaufnahme dienen konnte. In Tirol wurde der Haller Tusch aus dem Repertoire der Thurner noch bis 1882 bei Prozessionen gespielt. In Salzburg wurde die Turmmusik auf Anregung von B. Paumgartner, der in Wien Weihnachtsbläsermusik gehört hatte, durch Sepp Dorfner wiedererweckt, sodass am Tag der Blasmusik 1933 dort zum erstenmal wieder vom Rathausturm festliche Trompetenmusik erklang. Ab 1940 spielte die Salzburger Turmmusik jeden Sonntag zwischen Mai und Oktober. Nach dem Krieg wurde der Brauch auf Anregung von Tobi Reiser wieder aufgenommen und mit dem Adventsingen verknüpft. Am 2.12.1950 fand in Salzburg erstmals das Adventanblasen vom Glockenspielturm am Residenzplatz mit historischen Kompositionen und adventlichen Weisen statt; der Brauch besteht bis heute (2006). Eine Initiative des Salzburger Heimatpflegers Kuno Brandauer, das T. über die Weihnachtszeit hinaus bei allen möglichen ländlichen Festen wieder einzuführen, hat keine nachhaltige Wirkung gezeitigt. Dagegen findet heute an vielen Orten in ganz Österreich T. am Weihnachtsabend, an den Adventsonntagen oder zu Silvester statt; es wird auch Weihnachtsblasen oder Stille-Nacht-Blasen genannt und in der Regel von kleinen Gruppen der örtlichen Blaskapellen durchgeführt. In Oberösterreich wird es aus 345 Orten gemeldet; der Kärntner Kulturatlas verzeichnete im Jahr 2000 37 Ortschaften mit T., wobei die Zahl ständig wächst. In Linz erklingt Musik im Advent seit 1956 vom Rathausbalkon. Im Tiroler Unterinntal ist der Brauch des T.s in der Weihnachtszeit etwa 1920 eingeführt worden; in Innsbruck erklingt die Turmmusik vom Goldenen Dachl auch im Sommer.
Literatur
K. Birsak/M. König, Das große Salzburger Blasmusikbuch 1983; K. Brandauer in Österr. Blasmusik 3/10 (1955); E. Brixel, Das große oberösterr. Blasmusikbuch 1984; E. Brixel/W. Suppan, Das große steirische Blasmusikbuch 1981; F. Eckhart in Der Vierzeiler 23/4 (2003); E. Egg/W. Pfaundler, Das große Tiroler Blasmusikbuch 1979; N. Ehmann in Österr. Blasmusik 16/10 (1968); S. Kogler in Kärntner Kulturkontakte 22/5 (2000); E. Schneider, Blasmusik in Vorarlberg 1986; B. Strobl in T. Reiser/K. Vössing (Hg.), Das Salzburger Adventsingen 1984, 148f; Tiroler Heimatbll. 8 (1930), 15; O. K. M. Zaubek, Blasmusik u. Jahresbrauch im Bezirk Gmünd 1974.

Autor*innen
Gerlinde Haid
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Gerlinde Haid, Art. „Turmblasen‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e522
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.