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Tschiderer Tschiderer true (-Gleifheim), Ernst Freiherr von
* 1830-03-2929.3.1830Hötting/T (heute Innsbruck-Hötting), † 1916-01-2323.1.1916 Hötting. Komponist, Dirigent, Jurist, k. k. Kämmerer, Literat. Sohn von Ignaz T. (1775–1858, Richter in Innsbruck , seit 1838 im Freiherrenstand) und dessen zweiter Frau Magdalena geb. Freifrau von Schneeburg zu Salthaus und Platten (1804–83). T. besuchte das Gymnasium in Innsbruck, absolvierte die letzten beiden Klassen in Trient, wo er sich bei Fürstbischof Johann Nepomuk v. T. (1777–1860, reg. ab 1835), seinem Onkel, aufhielt und studierte Jus an „verschiedenen Universitäten“ (Wurzbach). Nach Studienende 1853/54 Praktikant bei der Tiroler Statthalterei. 1854 gab er den Staatsdienst auf und ehelichte Bertha Freiin Zephyris zu Greith (* 6.2.1832, † 21.9.1902). Der Ehe entstammten drei Kinder: Marie (1857–1920), Stiftsdame und Unterdechantin im adeligen Damenstift Innsbruck, Olivier (1859–75) sowie Albertina (1862–1935). Ab 1854 widmete T. sein Leben freischaffend ganz der Musik, betrieb zuerst gründliche Musikstudien bei F. Z. Skuherský in Innsbruck und F. O. Dessoff in Wien, hielt sich auch mehrmals in München auf (lt. Wurzbach, im Stadtarchiv München kein Nachweis). In Wien wurde er über den Gelehrten- und Künstlerzirkel beim Anker (Grünangergasse) auch mit R. Wagner und E. Hanslick, dem er zwei Lieder widmete (Am Achensee und Schlumm’re Kind), bekannt. 1859 nahm er als Offizier am Feldzug im zweiten italienischen Unabhängigkeitskrieg teil, lt. Scala (1916) „mit hoher Freude an der Front stehend“. Aufführungen seiner Werke sind bezeugt etwa aus Innsbruck, Salzburg, Wien, Graz, Prag, Breslau (Wrocław/PL), Triest. Die Uraufführungen der Opern Blanch und Die Lady von Gretna-Green werden in der Presse als jeweils „glänzender Erfolg“ dargestellt. V. Goller (1907) sieht in der Lady eine „wertvolle Oper, wie wir aus neuerer Zeit nur wenige auf dem Gebiete der komischen Opern besitzen“. T. widmete Werke oft Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Adels, Künstlern oder Musikvereinigungen. Er war Mitglied der Innsbrucker Liedertafel und des Höttinger Sängerbundes, ordentliches Mitglied des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Er wohnte in Hötting im ehemaligen Familienansitz Lichtenthurn (Schneeburgschlössl, Schneeburggasse 15). Seine letzte Ruhe fand er in der Familiengrabstätte am Höttinger Friedhof, wo der Grabstein derzeit (2014) noch vorhanden ist. Sein musikalischer, noch kaum erschlossener Nachlass wird in A-Imf verwahrt.
Ehrungen
Kriegs- und Landesverteidigungsmedaille für das Jahr 1859; Ehrenmitglied des Musikvereins und des Akademischen Gesangvereins (Sängerschaft Skalden) Innsbruck.
Schriften
Musikalische Arbeiten (WV, Hs., autograph, enthält auch Schriftenverzeichnis [10 Titel zu Philosophie, Architektur, Moral, Geschichte, Erzählung Angelique etc.], A-Imf M 1893); In S. Stanislaum in Poetische Versuche 1844; Beethovens neunte Symphonie in Bote für Tirol und Vorarlberg 9.1.1889; als Ms. gedruckt (lt. Wurzbach): Über die Formen der Komposition 1868, Reflexionen über die Kunstoper 1869, Musikalisch-theoretische Anleitung für Autodidakten, o. J.
Werke
Hss. in A-Imf und A-Ik, Auswahl (Jahreszahlen betreffen die UA, Textautoren s. z. B. Wurzbach): Opern: Der Hauptmann der Wache (UA Innsbruck 1858), Paquita (UA Salzburg 1869), Blanche (UA Salzburg 1870), Die Lady von Gretna-Green (UA Salzburg 1880), St. Hubertusschloss (Fragment 1876); Orchesterwerke: Konzertouvertüren (D-Dur [1860], d-Moll [1867], a-Moll [1867], Im Frühling [1880], Im Hochgebirge [ca. 1882]), Schauspielouvertüren (Des Meeres und der Liebe Wellen [1879], Werthers Leiden), Schauspielmusik Die Maultasch (T: Arthur Graf Wolkenstein-Rodeneck), Symphonische Dichtungen (König Lear [1899], Medea [1900]), Deutscher Siegesmarsch (1879), Elegie, Meraner Polka, Rhapsodie; Werke f. Streichorchester (Allegro, Adagio, Scherzo und Finale in Form einer Symphonie [1867], Serenade [1877, s. Tbsp.]); Streichquartette (Nr. 1 g-Moll [1867], Nr. 2 D-Dur, Nr. 4 D-Dur [1870], Andante B-Dur, Romanze); Klaviertrios (Nr. 1 d-Moll [1867], Nr. 2 e-Moll [1869], Nr. 3 C-Dur [1872], Ballade); Werke f. V. und Kl. (Sonate d-Moll [1881], Romanze [1867], Adagio); 2- und 4-händige Klaviermusik (Charakterstücke, Tänze, Klavierauszug zu den Opern Blanche und Die Lady von Gretna-Green, Bearb.en vieler eigener, ursprünglich groß besetzter Werke u. a.); Chöre (u. a. Nachtlied, Sätze im „Volkston“ verschiedener Völker); Männerchöre (a cappella u. versch. Begleitung [Kl., Bläser, Orch.], u. a. Deutsches Türmerlied, Unsere Berge, Am Rhein, Die Tiroler Schützenfahne); Frauenchöre (u. a. Gesangswalzer [1881]); ca. 200 Lieder; Duette (meist mit Kl.); Melodramen (mit Kl.): Der Husar, Schön Ellen, Der letzte Skalde, König Renés Tochter); Geistliche Gesänge (Salve Regina f. Alt, Streichquintett und Bläser, Ave verum für Chor mit Org). – Drucke (einige mit Opuszahlen): Opernlibretti (Der Hauptmann der Wache: Innsbruck 1858, Paquita: Salzburg 1869, Blanche: Salzburg 1870); Streichquartett Nr. 3 in F-Dur: Wien, Gotthart 1871); Männerchöre (Der rote Tiroler Adler [1863] und Grüß dich Gott […] mein Tirol op. 30, Innsbruck: Groß; Das Mütterlein op. 20, Wien: Rebay und Robitschek); Klaviermusik: u. a. Edelweiß-Gavotte, Innsbruck, Groß, ursprünglich f. Orch.); Lieder: (Wien: Gotthart, Spina; Innsbruck: Groß, u. a. op. 32; Leipzig: Eulenburg, op. 23); Kirchenmusik/geistliche Werke: 4 Tantum ergo a cappella oder mit Streichern, Weihnachtslied Ehre sei Gott op. 24, Marienlieder op. 25 und op. 28; alles Innsbruck: Groß).
Tondokumente
TD: Serenade (f. Streichorch.) auf CD musikmuseum 1 (Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum 2009); Suite Deutscher Tänze auf CD Klingende Kostbarkeiten aus Tirol 87 (Innsbruck, Institut für Tiroler Musikforschung 2012).
Literatur
Zs. des Ferdinandeums f. Tirol und Vorarlberg 25 (1881) [Personalstand des Ferdinandeums 1881]; Wurzbach 48 (1883); Poetische Versuche der Humanitäts-Schüler an dem k. k. akademischen Gymnasium zu Innsbruck im Jahre 1844. Herausgegeben von einigen Freunden der studi[e]renden Jugend [1844]; Vollständiges Verzeichnis des Musikalien-Verlages Johann Gross (S. A. Reiss) Innsbruck [ca. 1906]; R. v. Scala in XL. Jahresbericht 1915/16 (Musikverein Innsbruck) 1916; [R. v. Scala] in Innsbrucker Nachrichten 1916, Nr. 44 [Nachruf, anonym, fast gleichlautend mit XL. Jahresbericht 1915/16]; R. Granichstaedten-Czerva, Meran 1949; V. Goller in Hausmusik [1907]; Stieger II/3 (1978); B. Mahlknecht in Der Schlern 70 (1996); F. Gratl in Quart Nr. 12 (2008); Allgemeiner Tiroler Anzeiger 23.6.1911; Bote für Tirol u. Vorarlberg 2.9.1869, 21.6.1870, 9.5.1877, 8.11.1879, 7.1. u. 14.4.1881; Innsbrucker Nachrichten 16.4.1881, 22.9. u. 23.6.1911; Innsbrucker Tagblatt 31.12.1880, 15.4.1881; Neue Tiroler Stimmen 13.5.1886; Grazer Tagblatt, Abend-Ausgabe 26.2.1901, 2.

Autor*innen
Hildegard Herrmann-Schneider
Letzte inhaltliche Änderung
29.4.2014
Empfohlene Zitierweise
Hildegard Herrmann-Schneider, Art. „Tschiderer (-Gleifheim), Ernst Freiherr von‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 29.4.2014, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0030e735
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Musikalische Arbeiten, Autograph (A-Imf M 1893, o. p.), Kammermusikwerke.© Hildegard Herrmann-Schneider (Archiv Institut für Tiroler Musikforschung)
© Hildegard Herrmann-Schneider (Archiv Institut für Tiroler Musikforschung)
Medea, Erstausgabe Musikedition Tirol (www.musikland-tirol.at), S. 1 (Autograph in A-Ik).© Institut für Tiroler Musikforschung
© Institut für Tiroler Musikforschung
HÖRBEISPIELE

Finale aus der Serenade für Streichorchester in C-Dur (1877)

Suite deutscher Tänze für Orchester, um 1900

DOI
10.1553/0x0030e735
GND
Tschiderer (-Gleifheim), Ernst Freiherr von: 1011213052
OBV
Weiterführende Literatur

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Orte
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Tiroler Landesmuseen

Institut für Tiroler Musikforschung Innsbruck

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft

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