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Slowenien (deutsch für slowenisch Slovenija)
Im Süden an Österreich grenzender Nationalstaat der Slowenen. Ende Oktober 1918 schlossen sich die von Slowenen bewohnten Gebiete der Habsburgermonarchie (Krain/Kranjska, Teile der Steiermark, Istriens und von Görz-Gradisca) mit anderen südslawischen Ländern zum „Staat der Slowenen, Kroaten und Serben“ zusammen. 1941 wurde S. im Zuge der Zerschlagung des Königreichs Jugoslawien zwischen den Achsenmächten Deutschland, Italien und Ungarn aufgeteilt, 1945 wieder Teil des – nunmehr kommunistischen – Jugoslawien; seit 1991 ist S. selbständige Republik, seit 2004 Mitglied der EU (s. a. Kärntner Slowenen, Friaul).

Das Musikleben der Slowenen konzentrierte sich nach 1918 mehr oder weniger in Ljubljana, das seit jeher ihr Zentrum gebildet hatte (Laibach). Im von Zentralismus und serbischem Hegemoniestreben gekennzeichneten Jugoslawien sollten die nationalen Identitäten sowohl politisch-staatlich als auch kulturell vereinheitlicht werden. S. durfte nur als Dravska banovina bezeichnet werden, die mit Mühe gegründete Akademie der Wissenschaften und Künste in Ljubljana konnte erst nach dem Zerfall dieses Staates in Slowenische Akademie der Wissenschaften und Künste umbenannt werden, nach der ersten (1908) und vor der zweiten Slowenischen Philharmonie (seit 1948) waren lediglich der Orchesterverein der Glasbena matica und die Ljubljanska filharmonija (1934) geduldet. Doch bemühten sich die Slowenen um die für ein öffentliches Musikleben als nötig erachteten Institutionen, von reproduktiven und pädagogischen bis zu wissenschaftlichen, und förderten solche auch in anderen Städten (v. a. in Marburg). Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zwar vervollständigt und modernisiert, besaßen aber im kommunistischen Jugoslawien ebenso wenig Selbständigkeit wie die Teile des Staates.

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen reichte das musikalische Schaffen von Romantik und Impressionismus bis Expressionismus und Neuer Sachlichkeit, mit der expressionistischen Moderne zwei Avantgarde-Generationen umfassend (in den 1920er Jahren mit dem Ideologen Marij Kogoj [1892–1956], während des Krieges Schüler von F. Schreker und A. Schönberg, in den 1930er Jahren mit S. Osterc). Diese Breite der stilistischen Orientierungen wurde in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg übertragen, als sich traditioneller Romantik, romantischem Realismus und Impressionismus ausdrücklich der Neoklassizismus anschloss, und schließlich der modernisierte Expressionismus, von der seriellen Musik und der totalen Organisation bis zur Aleatorik und zum Gebrauch von elektronischer Musik. In den 1960er Jahren, als im totalitären Staat wieder Kontakte mit dem entwickelten Europa geduldet wurden, stellten sich die Komponistengruppe Pro musica viva und Primož Ramovš (1921–99) als Avantgarde-Generation vor, außerhalb von S. wird sie vom Komponisten und Posaunisten Vinko Globokar (* 1934) einprägsam vertreten. Hinzu kommen Božidar Kos (* 1934), heute (2005) einer der führenden australischen Komponisten, der in Paris und Ljubljana wirkende Janez Matičič (* 1927) und als gemäßigtere der in Paris schaffende Messiaen-Schüler Božidar Kantušer (1921–91) sowie der in Triest lebende Pavle Merkù (* 1927). Mehrere Vertreter der älteren Generation schlossen sich zumeist außerdem einem gemäßigten Expressionismus mit Atonalität und Dodekaphonie an. Jüngere Generationen und teilweise Vertreter der Moderne entschieden sich für die Postmoderne.

Historische Verbindungen mit der österreichischen Musik werden aufrechterhalten, v. a. durch Austausch zwischen Musikinstitutionen und Musikern, zu denen A. Dermota, M. Lipovšek, die Flötistin Irena Grafenauer (* 1957), der seit 1980 an der Wiener MHsch./MUniv. tätige Dirigent Uroš Lajovic (* 1944), der Komponist T. Svete u. a. zählen.


Literatur
MGG 8 (1998); NGroveD 23 (2001); Enc. Slov. (1987) (Avstrijsko-slovenski odnosi: Kulturni odnosi (glasba) [Österr.-Slowenische Beziehungen: Kulturelle Beziehungen (Musik]) u. 4 (1990) (Jugoslavija [Jugoslawien]), 5 (1991) (Kraljevina Jugoslavija [Königreich Jugoslawien]), 6 (1992) (Ljudska republika Slovenija [Volksrepublik Sl.]), 11 (1997) (Slovenci [Die Slowenen]); Slovenci na avstrijskem Štajerskem [Die Slowenen in der österr. Steiermark]); Slovenija [Sl.]), 12 (1998) (Socialistična republika Slovenija [Die sozialistische Republik S.]); Slovenski Biografski Leksikon, 15 Bde. 1925–91; Muzikološki zbornik/Musicological Annual 1965ff; W. König, Vinko Globokar. Komposition u. Improvisation 1977; A. Rijavec, Slovenska glasbena dela [Sl.e Musikwerke] 1979; J. Sivec, Dvesto let slovenske opere/Two hundred years of the Slovene opera, (1780–1980), 1981; J. Sivec, Razvoj in dosežki glasbenega zgodovinopisja na Slovenskem (Summary) in Muzikološki zbornik 17/2 (1981); I. Klemenčič, The historical Avantgarde in Slovene music in A. Erjavec (Hg.), [Kgr.-Ber.] Soobstoj avantgard/Coexistence among the Avantgardes. Ljubljana 1986, 1986; I. Klemenčič, Slovenski glasbeni ekspresionizem. Od začetkov do druge vojne (Summary: Slovene musical expressionism. From its beginnings to the second World War) 1988; N. O’Loughlin, Novejša glasba v Sloveniji, osebnosti in razvoj [New Music in Slovenia, its character and development] 2000; I. Klemenčič, Slovenski skladatelji akademiki/Slovenian composers academicians 2003 [m. 3 CDs]; I. Klemenčič (Hg.), [Kgr.-Ber.] 300 let/years Academia Philharmonicorum Labacensium, 1701–2001. Ljubljana 2001, 2004; I. Klemenčič (Hg.), [Kgr.-Ber.] Musikalische Identität Mitteleuropas/Glasbena identiteta Srednje Evrope Ljubljana 2003 (= Muzikološki zbornik 40/1–2, 2004).

Autor*innen
Ivan Klemenčič
Rudolf Flotzinger
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2006
Empfohlene Zitierweise
Ivan Klemenčič/Rudolf Flotzinger, Art. „Slowenien (deutsch für slowenisch Slovenija)‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2006, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001e2a7
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