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Pentatonik
Fünftonsystem (griech. πέντε = fünf). Während europäische Musiktheoretiker P. vielfach als anhemitonische Reihe begreifen, d. h. auf eine aus großen Sekunden und kleinen Terzen gebildete „halbtonlose“ Tonfolge (z. B. c–d–e–g–a) einengen, bezieht die Vergleichende Musikwisschaft den Begriff auf jedes Tonsystem, das innerhalb einer Oktave aus fünf Tönen besteht. Innerhalb pentatonischer Systeme erfolgt die Verteilung der Töne beliebig. Liegen die fünf Töne jedoch nebeneinander (z. B. c–d–e–f–g), so spricht man von einer pentachordischen Reihe. Eine Vielfalt vor-pentatonischer und pentatonischer sowie -chordischer Tonsysteme, zumeist außerhalb unserer temperiertenStimmung, findet sich im Singen und Musizieren der Menschen in den Naturvolk- und in den Alten Hochkulturen. Im mitteleuropäischen Raum sind Reste älterer Pentatonismen im „Alten Stil“ der ungarischen Bauermusik ebenso anzutreffen wie in der aus dem osttirolisch-kärntnerischen Raum besiedelten Sprachinsel Gottschee, aber auch die auf Relikte mittelalterlicher Epik (Epos), v. a. des Nibelungenliedes, zurückgehende Singtradition der Färöer ordnet sich in diesen Überlieferungskreis ein.

Europäische Komponisten nutzen pentatonische Skalen, um einem Werk orientalisches Flair (Exotismus) zu verleihen (Claude Debussy, G. Puccini, Maurice Ravel, F. Lehár) oder um die Dur-Moll-Tonalität (Tonalität) zu erweitern (Igor Strawinsky, Béla Bartók, Olivier Messiaen). Carl Orff geht in seinem Schulwerk vom Kinderlied-Terno aus, der als Nukleus anhemitonischer P. gilt.


Literatur
Beiträge v. L. Bárdos u. W. Wiora in B. Rajeczky/L. Vargyas (Hg.), Studia memoriae Belae Bartók sacra 1957; A. Schneider in Hamburger Jb. f. Musikwissenschaft 11 (1991); W. Suppan in Stud. mus. 2 (1962); W. Suppan in Dt. Jb. f. Volkskunde 10 (1964); B. Szabolcsi, Bausteine zu einer Gesch. der Melodie 1959.

Autor*innen
Wolfgang Suppan
Letzte inhaltliche Änderung
15.5.2005
Empfohlene Zitierweise
Wolfgang Suppan, Art. „Pentatonik‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 15.5.2005, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001dca5
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