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Oper
Musikalisch-dramatisches Bühnenwerk, dessen Text (das Libretto) meist durchgehend gesungen wird, im Unterschied zum Schauspiel mit Musikeinlagen (Schauspielmusik), dem Singspiel oder der Operette. Entstanden ist die Gattung im letzten Jahrzehnt des 16. Jh.s in Florenz; sie wurde von Claudio Monteverdi in Mantua/I übernommen und 1607 mit ihrem ersten Meisterwerk Orfeo bedacht. Schon 1614 ließ der Erzb. von Salzburg, M. S. v. Hohenems, die erste O. außerhalb Italiens singen, ebenfalls Orfeo, wahrscheinlich die von Monteverdi; ihr folgten weitere Aufführungen bis 1618. Auch der Kaiserhof (Habsburger) rezipierte die neue italienische Gattung bald: 1621 wurde in Ödenburg, 1627 in Prag je eine O. anlässlich von Krönungen gespielt, dazwischen wohl auch einige in Wien.

Nach sporadisch nachweisbaren Aufführungen des Hofs bis 1657 in Wien und Regensburg/D begann eine regelmäßige Pflege der immer noch ausschließlich italienischen O. erst mit der Krönung Leopolds I. 1658. Anlässe waren der Fasching, die Geburtstage und bald auch die Namenstage der gekrönten Häupter und Hochzeiten, z. B. die erste dieses Kaisers, für die A. Cesti die 5-aktige O. Il Pomo d’Oro (Libretto: F. Sbarra) komponierte, die mit großer Verspätung Mitte 1668 über die von L. O. Burnacini prächtig ausgestattete Bühne des von ihm neu erbauten Theaters gehen konnte. Die Überlieferung von O.n-Musik beginnt in Wien erst mit 1660, abgesehen von dem Einzelfall einer Komposition Kaiser Ferdinands III. von 1649. Eine „Licenza“, die Huldigung an die geehrte Person, schloss – außer im Fasching – die meist 3-aktigen Werke ab, und häufig wurde ihnen ein Prolog vorangestellt. Gespielt wurde meist in dem 1630 eingerichteten und mehrmals veränderten Theatersaal der Hofburg (heute [2004]: Redoutensaal), ganz selten in Burnacinis Theaterbau, der 1683 abgebrochen wurde. In den wärmeren Monaten wurden auch in den Residenzen Laxenburg und Favorita O.n inszeniert, oft im Freien.

In Innsbruck war A. Cesti schon zuvor, seit 1653, als Opernkomponist angestellt, der ein 1666 nach Wien transferiertes Sängerensemble aufbaute und mit G. F. Apolloni einige höchst erfolgreiche, in Italien oft nachgespielte O.n schrieb, wie Orontea, L’Argia und La Dori, die in einem 1653 erbauten Comödienhaus gespielt wurden. Als 1678–93 Hzg. Karl v. Lothringen mit Eleonore Maria, einer Halbschwester Kaiser Leopolds, als Statthalter in Innsbruck residierte, brachten v. a. Adelige des Hofstaats O.n zur Aufführung, u. a. ältere Werke von Cesti und 1692 auch die ersten beiden O.n von C. A. Badia. Auch unter dem Statthalter Hzg. Karl Philipp v. der Pfalz-Neuburg (1707–17) gab es in Innsbruck zu besonderen Anlässen gelegentlich v. a. vom Kapellmeister J. J. Greber vertonte Musikdramen.

Außerhalb des Kaiserhauses konnten sich im 17. Jh. nur Fürst Johann Seyfried v. Eggenberg und die Fürsterzb.e von Salzburg italienische Opernensembles leisten: 1688–94 kamen im Schloss Eggenberg bei Graz mindestens vier Musikdramen des Hofkapellmeisters P. R. Pignatta auf die Bühne, und Ge. Muffat und H. I. F. Biber schrieben um 1690 je eine italienische O. für Salzburg.

Die Libretti für den Kaiserhof wurden meist vom Hofpoeten, die Musik vom Hofkapellmeister verfasst, anfangs auch von denen der K.in-Witwe Eleonora Gonzaga (II) , nämlich D. Federici und A. Draghi. Dieser war zunächst in beiden Funktionen tätig, ab 1669 aber nur mehr als Komponist für den Librettisten N. Minato. Diese beiden beherrschten die Hofbühne Leopolds I. bis zu ihrem Tod (1698 bzw. 1700) mit Opern, die fast immer eine ernste Haupthandlung mit komischen Elementen kombinierten. Erst um diese Zeit kamen neben dem Vizekapellmeister M. A. Ziani, als Hofkomponisten angestellte Musiker zum Einsatz: C. A. Badia, J. J. Fux und G. Bononcini, und als Librettisten D. Cupeda und P. A. Bernardoni. Karl VI. machte Fux zu seinem Kapellmeister, ließ die großen O.n aber von A. Caldara und F. Conti schreiben, mit Ausnahme der prunkvollen, in Prag 1723 gespielten Costanza e Fortezza von Fux. A. Zeno und P. Pariati waren die Hofpoeten dieser Zeit, abgelöst von G. C. Pasquini und, seit 1731, dem in Europa vielfach vertonten P. Metastasio. Seit Zeno war die Komik aus den Libretti – außer den Faschingsopern – verbannt. Für die Bühnengestaltung waren Mitglieder der Familie Galli Bibiena zuständig und die Organisation lag in den Händen eines Musik-Oberdirektors aus dem Hochadel.

Typisch für die Wiener Hofopern im Spätbarock waren kontrapunktische Arbeit und der häufige Einsatz bestimmter Soloinstrumente, v. a. der Theorbe (die F. Conti spielte; Laute) und des Chalumeau, oft in Kombination mit Querflöte (Flöte). Zwei Trompeten- und Paukenchöre waren für das Repräsentationsbedürfnis Karls VI. charakteristisch.

In Salzburg fanden die früher sporadischen Aufführungen unter der Regierung des Fürsterzb.s F. A. v. Harrach eine intensivierte Fortsetzung; der kaiserliche Vizekapellmeister A. Caldara schrieb für ihn mehrere, zwischen 1719/27 gespielte O.n, die z. T. dann in Wien übernommen wurden.

Die Brüder A. und P. Mingotti hatten je eine Operntruppe, die seit 1736 zehn Jahre lang abwechselnd in dem von ihnen errichteten Theater auf dem Tummelplatz in Graz Werke von J. A. Hasse, G. B. Pergolesi u. a., darunter wohl auch A. Vivaldi, aufführten. Auch Bewohner der Städte Linz und Klagenfurt hatten durch diese Wandertruppen und die von A. Denzio und S. Lapis (Linz) bzw. ein Gastspiel der Kompanie des Wiener Kärntnertortheaters (Klagenfurt) für kurze Zeit Gelegenheit, italienische O.n kennen zu lernen. Die operisti von A. Mingotti, Lapis und Denzio waren in Prag aktiv gewesen, bevor sie ihre Wandertätigkeit in Zentral- und Nordeuropa entfalteten.

Nach dem Tod Karls VI. (1740) betrieb Maria Theresia eine sparsamere Kulturpolitik; mit Franz Stephan v. Lothringen setzte sich erstmals französischer Einfluss durch und ersetzte frankophones Sprechtheater teilweise die italienische O. Der ehemalige Hoftänzer J. C. Selliers, Pächter des 1709 gegründeten bürgerlichen Kärntnertortheaters, baute das kaiserliche Ballhaus am Michaelerplatz 1741 zum „Theater nächst der Burg“ aus und arrangierte sich mit dem Hof dahingehend, dass die Vorstellungen in beiden Häusern für den Hofstaat gratis, sonst aber für zahlendes Publikum stattfanden und dafür die kaiserlichen Musiker mitwirkten. Baron R. de lo Presti übernahm 1747 das Burgtheater und 1751 auch das Kärntnertortheater. In der Folge wechselten Perioden der Verpachtung (Burg: 1765–76, 1794–1817, Kärntnertor: 1765–85, 1794–1817, 1821–48) mit solchen der Verwaltung durch Hofbeamte, etwa die Grafen Franz Esterházy und G. Durazzo 1752–65. Seit 1748 wurden auf diesen Bühnen auch Ch. W. Glucks italienische und französische O.n gespielt. Er war davor als Kapellmeister mit P. Mingottis Wandertruppe in Dresden/D, Kopenhagen und Hamburg/D gewesen. Die Musik seiner mit R. de Calzabigi verfassten Wiener Reformopern Orfeo ed Euridice (1762) und Alceste (1767) unterscheidet sich durch ihre radikale Vereinfachung von der seiner Vorgänger und der meisten Zeitgenossen. Die große Da-Capo-Arie wird zugunsten von kleineren, liedartigen Formen und von orchesterbegleiteten Rezitativen zurückgedrängt, und die Ouvertüre stellt erstmals kurz den Inhalt der O. dar.

1778 führte Joseph II. am Burgtheater das deutsche „Nationalsingspiel“ ein; Originalsingspiele, die neben zahlreichen Übersetzungen aufgeführt wurden, standen unter dem Einfluss der Opera buffa und der Opéra comique. Ein Jahr nach dem einzigen durchschlagenden Erfolg, W. A. Mozarts Entführung aus dem Serail (1782), zog ins Burgtheater aber wieder die italienische O. ein, während das Kärntnertortheater noch einige Jahre lang Singspiele brachte, bevor sie in die privaten Vorstadtbühnen abwanderten. Längst hatte die Opera buffa die Opera seria des metastasianischen Typs verdrängt, und Mozart trug mit Le nozze di Figaro, Don Giovanni und Così fan tutte zum Wiener Repertoire bei, den Früchten seiner Zusammenarbeit mit dem ihm kongenialen Librettisten L. Da Ponte, von dem auch der Text zu dem sensationellen Wiener Opernerfolg dieser Jahre stammte, V. Martín y Solers Una cosa rara, einer ohne psychologischen Tiefgang unterhaltenden O., und zu A. Salieris Axur Re d’Ormus im französisch beeinflussten Stil der Gluck-Nachfolge.

Seit 1763 schrieb J. Haydn zwölf meist komische O.n für Fürst Esterházy; ab 1768 war nicht mehr Eisenstadt, sondern das Schloss Eszterháza Aufführungsort, wo ein Opernhaus zur Verfügung stand. Haydn bearbeitete aber auch zahlreiche Opere buffe anderer Komponisten wie G. Paisiello, Domenico Cimarosa, W. A. Mozart oder C. Ditters v. Dittersdorf für diese Bühne, die in den späten 1780er Jahren pro Saison (von April bis Weihnachten) bis zu 125 Aufführungen von 17 verschiedenen O.n zu bieten hatte.

In Wien verpachtete Kaiser Franz II. 1794 die Hoftheater wieder. 1810 wurde dann das Burgtheater ganz dem Sprechdrama gewidmet, während das Kärntnertortheater als Opern- und Ballettbühne zur eigentlichen „Hofoper“ wurde. L. Cherubini und Gasparo Spontini waren die bedeutendsten Vertreter der ernsten französischen O., die dort in deutschen Übersetzungen reüssierte. In dieser Tradition steht auch L. v. Beethovens Fidelio (endgültige Fassung 1814 in der Hofoper).

Erst um 1800 bildete sich ein Repertoire von älteren und zeitgenössischen O.n heraus, das bei Gluck ansetzte und v. a. Mozarts Meisterwerke enthielt. Der nun ausgetragene Kampf zwischen italienischer und deutscher O. ging wieder zugunsten Italiens aus: Obwohl C. M. v. Webers Freischütz 1821 an der Wiener Hofoper nachgespielt und seine 1823 uraufgeführte Euryanthe für Wien geschrieben war, war das Publikum für G. Rossini, den der neue Pächter D. Barbaja 1822 zu einem Festival holte, weitaus leichter zu begeistern und blieb in den folgenden Jahren in einem Rossini-Taumel. Diesem folgten komische und v. a. ernste Werke im Belcantostil von Vincenzo Bellini, Saverio Mercadante und Gae. Donizetti, der Linda di Chamounix sowie Maria di Rohan für das Kärntnertortheater schrieb. In den 1840er Jahren kamen sogar G. Verdis Frühwerke (u. a. Nabucco) hier auf die Bühne, da der Pächter gleichzeitig der Mailänder O. vorstand.

In den Theatern der heutigen Landeshauptstädte wurde gelegentlich bis regelmäßig O. an den Theatern geboten, im Grazer landständischen Theater schon 1787 Una cosa rara, 1788 Die Hochzeit des Figaro und Don Giovanni, im Klagenfurter 1810 neu erbauten Theater neben Gastspielen italienischer und österreichischer Truppen auch Eigenproduktionen, in Bregenz ab 1819 Gastspiele, in Salzburg außer dem obligaten Rossini auch deutsche und französische O. In Innsbruck gab es 1821–26 und 1854–57 Gastspiele italienischer O.n-Gesellschaften. V. a. das Linzer Theater erlebte unter der Direktion von J. Pellet von den 1820er bis in die 1840er Jahre eine glanzvolle Periode.

Um diese Zeit eroberten im Theater an der Wien und im Theater in der Josefstadt L. Spohr, C. Kreutzer, H. Marschner und A. Lortzing mit deutschen O.n das vormärzliche Wien. F. v. Flotow gelang 1845 mit Alessandro Stradella und 1847 mit Martha im Kärntnertortheater der Durchbruch. Auch französische O.n der leichteren oder auch der großen, historischen Spielart – von Daniel François Esprit Auber, Louis Joseph Ferdinand Hérold, Adolphe Adam, G. Rossini (Wilhelm Tell), G. Meyerbeer und J.-F.-F. Halévy – konnten sich neben den italienischen dort behaupten. Nach der Revolution von 1848 beherrschten weiterhin Werke dieser Komponisten die Hofbühne, außerdem die Spieloper Die lustigen Weiber von Windsor von O. Nicolai (1852) und schließlich – nach dem Tannhäuser im Thaliatheater (1857) und auch nach Graz und Linz – Rich. Wagner mit Lohengrin (1858) und anderen seiner Musikdramen, 1862 Charles Gounods Faust und 1868 Ambroise Thomas’ Mignon.

1863 wurde der Grundstein zum neuen Opernhaus an der Ringstraße gelegt; die Architekten August Sicard v. Sicardsburg und E. v. der Nüll erlebten die Fertigstellung des mit etwa 2.300 Plätzen gewaltigen Bauwerks nicht, das 1869 mit Mozarts Don Juan (Don Giovanni) eröffnet wurde. Die im Kärntnertortheater gespielten O.n wurden mit verstärktem Orchester, Chor und Ballett in Neuinszenierungen auf die größere Bühne übertragen. Schon in der zweiten Spielzeit fanden Die Meistersinger von Nürnberg von Wagner dort Eingang, dessen Musikdramen den Spielplan immer stärker beherrschten, begünstigt durch den Dirigenten und Operndirektor J. Herbeck, abgelehnt durch eine starke Partei des Wiener Musiklebens unter der Führung des Kritikers E. Hanslick. Auch Verdis Erfolgsoper Aida brachte Herbeck 1874 nach Wien. Unter seinem Nachfolger F. v. Jauner wurde sie sogar vom Komponisten dirigiert, ebenso wie Wagners Lohengrin.

Der Dirigent H. Richter wurde an die Hofoper gebunden und trug zum weiteren Erfolg der Wagner-O.n bei; 1879 stand er am Pult der EA des kompletten Ring-Zyklus, den er schon in Bayreuth/D geleitet hatte, wo er mit Sängern der Hofoper den Grundstock für die Festspiele bildete. Auch Georges Bizets Carmen wurde in dieser kurzen Direktionszeit erstmals gegeben. Der Dirigent W. Jahn leitete die Hofoper 1881–97 und holte bedeutende Sänger und O.n mit Repertoirewert ans Haus: Tristan und Isolde, Verdis Alterswerke Otello und Falstaff, P. Mascagnis Cavalleria rusticana, R. Leoncavallos Bajazzo, Jules Massenets Werther, Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel, W. Kienzls Evangelimann und F. Smetanas Verkaufte Braut. Im folgenden Jahrzehnt bestimmte der als Dirigent höchst erfolgreiche G. Mahler die Geschicke der Wiener O. Er führte einige Neuerungen (verdunkelter Zuschauerraum, Stellung des Dirigentenpults) ein, wandte größte Sorgfalt auf die Einstudierungen auf und beseitigte üblich gewordene Striche in Wagners O.n. Mit F. Schalk und B. Walter standen ihm erstklassige Kapellmeister zur Verfügung, und die szenischen Lösungen wurden seit 1903 durch A. Rollers revolutionierende Entwürfe dem neuen Stil der Secession angepasst; Roller blieb bis 1909 Ausstattungschef und war es wieder 1918–34. Mahler bereicherte das Repertoire um G. Puccins La Bohème und Madame Butterfly und Peter I. Tschaikowskys Erfolgsopern. In die Direktionszeit seiner Nachfolger F. v. Weingartner und H. Gregor fallen so wichtige Premieren wie Elektra, Der Rosenkavalier, Ariadne auf Naxos und Salome von R. Strauss, Puccinis Tosca und Das Mädchen aus dem goldenen Westen und erst 1914 Wagners Parsifal; in diesem Jahr aber auch Fr. Schmidts Notre Dame. Mit dem Ende der Monarchie endete auch die Geschichte des k. k. Hof-Operntheaters; 1918 hieß das Haus nur mehr „Operntheater“, bald darauf aber „Staatsoper“.

Die Leitung hatten R. Strauss und F. Schalk fünf Jahre lang gemeinsam über, 1924–29 Schalk alleine. UA.en und EA.en von H. Pfitzner, Strauss (Die Frau ohne Schatten 1919), Puccini, E. W. Korngold (Die tote Stadt 1920), F. Schmidt, F. Schreker und W. Kienzl kennzeichneten die erste Periode. Die neuen, spätromantischen Opern stammten nun großteils von österreichischen Komponisten. 1927 kamen mit E. Kreneks Jonny spielt auf mit Jazzelementen und 1930 mit Alban Bergs atonalem, aber nach traditionellen Instrumentalformen streng konstruierten Wozzeck zwei Erfolgsopern der Moderne zur UA bzw. EA, aus dieser Richtung außerdem 1926 Kreneks Orpheus und Eurydike, 1929 M. Brands Maschinist Hopkins, 1931 E. Wellesz' Die Bacchantinnen. Bald aber wurde die Linie wieder konservativer: F. Lehár (Giuditta 1934), F. Salmhofer und W. Kienzl steuerten die neuen O.n bei.

1898 war in Wien ein Stadttheater gegründet worden, das 1903 durch Aufnahme von O.n zur „Volksoper“ wurde. Tosca (1907) und Salome (1910) hatten an der Volksoper ihre Wiener EA. Sänger wie M. Jeritza, L. Slezak oder R. Tauber waren schon zu Beginn ihrer Karriere hier aufgetreten; A. Zemlinsky wirkte als Dirigent und ab 1906 als 1. Kapellmeister. Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich die Volksoper zu Wiens zweitem repräsentativem Opernhaus (UA von A. Schönbergs atonalem, symbolistischem Einakter Die Glückliche Hand 1924), wurde aber ab 1929 wieder zu einem Schauspielhaus, in dem auch Operetten gegeben wurden.

Außerhalb der Bundeshauptstadt war es seit der Gründung der Festspiele v. a. Salzburg (Salzburger Festspiele), das als Pflegestätte der O. bedeutsam wurde. 1922 begann diese Entwicklung mit einem Gastspiel der Staatsoper, die unter Strauss und Schalk Mozart spielte, der naturgemäß auch in der Folge im Zentrum blieb, daneben aber auch Strauss, einer der Gründerväter. Dirigenten wie B. Walter, Clemens Krauss und A. Toscanini bestimmten in den 1930er Jahren das musikalische Profil der Festspiele, die die besten Kräfte zur sommerlichen Hochleistung mit gängigem Repertoire zwischen Gluck und Wagner bündelten.

Nach der kulturellen Ausdünnung 1938–45 begann der O.n-Betrieb in Wien zunächst in den Ausweichquartieren Theater an der Wien und Volksoper, da die Staatsoper weitgehend zerstört war. Das schon seit einigen Jahren bestehende, legendäre, von K. Böhm dirigierte „Mozart-Ensemble“ um I. Seefried und A. Dermota setzte seine Triumphe fort. Als Bereicherungen des Spielplans gab es Igor Strawinskys The Rake’s Progress, Gian Carlo Menottis Der Konsul und, als Übernahmen von den Salzburger Festspielen, G. v. Einems Dantons Tod und Der Prozeß sowie Strauss’ Die Liebe der Danae.

1955 wurde die wieder aufgebaute Staatsoper eröffnet. 1956–64 reformierte H. v. Karajan als Direktor das Haus durch Aufweichung des traditionellen Ensemblesystems mit großem Repertoire, indem er Stars für kurze Zeit zu Gastspielen engagierte, durch Aufführungen in den Originalsprachen und Zusammenarbeit mit anderen großen O.n-Häusern; er führte auch selbst Regie. Wichtige Neuerwerbungen stellten Paul Hindemiths Mathis der Maler, Igor Strawinskys Oedipus Rex, Henry Purcells Dido und Aeneas, Benjamin Brittens Ein Sommernachtstraum und Monteverdis L’incoronazione di Poppea dar.

Erwähnenswerte UA.en und EA.en der Nach-Karajan-Ära waren: G. v. Einems Besuch der alten Dame, Moses und Aaron von Schönberg, Karl V. von Krenek und Lulu von Berg mit dem von F. Cerha ergänzten 3. Akt, Alfred Schnittkes Gesualdo, Brittens Peter Grimes und Billy Budd sowie Cerhas Der Riese vom Steinfeld. Seit den 1980er Jahren setzen sich die Bestrebungen des sog. „Regietheaters“ zur Aktualisierung historischer O.n immer mehr durch.

Während der Wiener Festwochen werden eigene und auswärtige O.n-Produktionen gezeigt, v. a. im Theater an der Wien, beim Wiener Musiksommer („Klangbogen“) und in der 1953 gegründeten Kammeroper in kleinerem Rahmen O.n vom Barock bis heute; außerdem produzieren freie O.n-Gruppen an verschiedenen Spielorten wie dem Jugendstiltheater, dem Odeon oder dem Semper-Depot Raritäten meist aus dem 20. Jh. Das Wiener Konzerthaus bietet darüber hinaus alljährlich einen Zyklus mit konzertanten Aufführungen vonO.n außerhalb des Repertoires an.

Die Theater der Landeshauptstädte hatten und haben zeitweise ambitionierte Opernprojekte. In Graz gab es etwa UA.en von W. Bloch, I. Eröd oder O. M. Zykan, in Linz widmete man sich oberösterreichischen Komponisten.

Auch die immer zahlreicher ins Leben gerufenen, meist im Sommer stattfindenden Festivals widmen sich zum Teil der Gattung: Die Salzburger Festspiele setzten ihre Aktivitäten mit hochkarätig besetztem Mozart, Verdi und Strauss, aber auch UA.en und EA.en fort, z. B. Carl Orffs Antigone, Brittens Der Raub der Lucretia, Emilio de’ Cavalieris Rappresentazione di Anima e di Corpo, Cerhas Baal und K. Pendereckis Die schwarze Maske. Dazu sind die Osterfestspiele, die Pfingstfestspiele und die Mozartwoche gekommen. In Innsbruck bieten die sommerlichen Festwochen der Alten Musik seit 1980 jährlich ein bis zwei szenische Produktionen von Ausgrabungen aus dem 17. und 18. Jh., meist unter Leitung von R. Jacobs. Die Attraktion der Bregenzer Festspiele ist seit 1946 die O. oder Operette auf der großen Seebühne. Der Carinthische Sommer zeigt seit 1974 in der Stiftskirche Ossiach Kirchenopern, die fast alle von österreichischen Komponisten wie H. Lauermann, K. H. Füssl, D. Kaufmann, U. Küchl, Einem, K. Schwertsik, F. Thürauer, I. Eröd, W. Wagner, P. Planyavsky, G. Schedl, R. Clemencic u. a. für diesen Zweck geschaffen wurden, meist in einem gemäßigt modernen, gut fasslichen Stil. Und schließlich steht auch Eisenstadt seit 1976 mit O.n im Schloss Esterházy bei seinen Haydn-Tagen (Haydn-Festivals) nicht mehr abseits der heute sehr bunten, vielgestaltigen österreichischen Opernszene.


Literatur
Zechmeister 1971; Seifert 1985; MiÖ 1989; MGÖ 1–3 (1995); R. Strohm (Hg.), The Eighteenth-Century Diaspora of Italian Music and Musicians 2001; H. Ullrich, Fortschritt und Tradition. Zehn Jahre Musik in Wien 1945–1955, 1956.

Autor*innen
Herbert Seifert
Letzte inhaltliche Änderung
30.6.2004
Empfohlene Zitierweise
Herbert Seifert, Art. „Oper‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 30.6.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001dbcf
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