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Musikgeschichte
Im weiteren Wortsinn Musik-bezogene Geschichtsschreibung (daher könnte M. in gewisser Weise mit historischer Musikwissenschaft gleichgesetzt werden); in engerem Wortsinn Darstellung der Veränderungen der Musik im Laufe der Zeit. Diese Aufgabe wird zurecht als für die Musikwissenschaft zentral angesehen, trotzdem sollte sie nicht auf M. reduziert werden. Diese Forderung ist implizit auch dem System der Musikwissenschaft von G. Adler (1885) zu entnehmen, doch wird sie nur selten wirklich eingeholt, auch in Österreich. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass die Musikwissenschaft erst wieder im 19. Jh. (das im deutschsprachigen Bereich als besonders Geschichts-betont gilt; Historismus) in den Fächerkanon der Universitäten zurückkehrte, sondern mit der Funktion von Geschichte überhaupt: der Frage nach der Vergangenheit in Hinblick auf die (Bewältigung der) Gegenwart. Die Frage nach der eigenen Vergangenheit dürfte, wie bei Individuen, in jedem Land vorerst näher liegen als alle weiter ausgreifenden. In diesem Sinne ist M. zweifellos als die wichtigste Wurzel der modernen Musikwissenschaft anzusehen. Österreich brachte zwar auch auf diesem Gebiet keine Pioniere hervor. Chronologisch frühere Ansätze sind in Italien (G. B. Martini, Storia della musica, 1757–81), England (John Hawkins, General history of the science and practice of music, 1776; Charles Burney, A general history of music, 1776–89), Frankreich (Jean Benjamin Laborde, Essai sur la musique ancienne et moderne, 1780) und Deutschland (J. N. Forkel, Allgemeine Geschichte der Musik, 1788/1801) zu finden. Immerhin weisen die österreichischen Beiträge (R. G. Kiesewetter, Geschichte der europäisch-abendländischen oder unserer heutigen Musik, 1834; A. W. Ambros, Musikgeschichte, 1862–68) aber hinsichtlich Konzeption, Vollständigkeit und Nachhaltigkeit unbestrittene Vorzüge auf.

Unter den hier wie dort vorangehenden Ansätzen könnte die leider nicht erhaltene Schrift des Mondseer Konventualen Wolfgang Sams (ca. 1655–1731), Historia plus quam 1000 scriptorum musicorum, etwa der Historischen Beschreibung der Edelen Sing- und Kling-Kunst des Sorauischen Kantors Wolfgang Caspar Printz (Dresden/D 1690) an die Seite zu stellen gewesen sein. Nicht zu übersehen sind Arbeiten wie die des Kremsmünsterer Konventualen G. Huemer (Die Pflege der Musik im Stifte Kremsmünster, 1877; Die Musik in OÖ, 1889). Diesen folgten mittlerweile (in der Beschränkung auf Österreich und größere Arbeiten) mehr oder weniger umfassende Darstellungen der M. von Admont (Wichner 1892, Krause 1962), Göttweig (Riedel 1966), Graz (Federhofer 1967), Hall i. T. (Senn 1938), Heiligenkreuz (Niemetz 1977), Innsbruck (Senn 1954), Kärnten (Schenk 1942, Federhofer 1955), Klagenfurt (Antesberger 1978), Kremsmünster (Kellner 1956), Lambach (Luger 1961), Linz (Wessely 1950, 1953), Melk (Freeman 1989), Niederösterreich (Schnerich 1921), Oberösterreich (Wessely 1951), Österreich (Millenkovich-Morold 1918, Flotzinger/Gruber 1977/79, 1995), Ranshofen (Schmidt 1975), Reichersberg (Schmidt 1983), St. Paul i. L. (Flotzinger 1991), St. Pölten (Graf 1973), Seitenstetten (Antonicek et al. 1988), Steiermark (Federhofer 1956, Suppan 1962–66), Tirol (Senn 1933), Villach (Federhofer 1960), Vorarlberg (Schneider 1967), Wien (Mantuani 1904, Schenk 1947, Orel 1953, Henry-Louis de La Grange 1977 u. v. a.), Wilhering (Mitterschiffthaler 1979), Wilten (Herrmann-Schneider 1988). Dass in dieser Liste neben den Bundesländern und Hauptstädten die geistlichen Stifte herausragen, hat mit deren Bedeutung einerseits und der Quellenlage andererseits zu tun, markiert aber auch den bestehenden und auch im vorliegenden Lexikon nicht zu behebenden Nachholbedarf.


Literatur
W. Wiora, Ideen zur Gesch. der Musik 1980; C. Dahlhaus, Grundlagen der M. 1977; O. Wessely, Musik [1972]; R. Flotzinger in MusAu 21 (2002); O. Wessely Musik in Oberösterreich 1951.

Autor*innen
Rudolf Flotzinger
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Flotzinger, Art. „Musikgeschichte‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001da8e
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