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Lasso, Lasso, Orlando di: Familie
(I) Orlando di: * --1530/32 Mons im Hennegau/B, † 1594 -06-1414.6.1594 München/D. Komponist und Tenorist. 1544 ging L. in Diensten Ferrante Gonzagas nach Italien. Nach einem Aufenthalt in Neapel (1549–51) war er bis 1554 Kapellmeister an der Lateranbasilika in Rom. Eine Frankreich- und mutmaßliche Englandreise mit Giulio Cesare Brancaccio folgte, bevor er sich für zwei Jahre in Antwerpen/B niederließ und seine ersten Werke in Antwerpen, Rom und Venedig in Druck gab. 1556 kam er nach München an den Hof Albrechts V., wurde 1557 Tenorist und 1563 Hofkapellmeister. 1558 heiratete er Regina Wäckinger. 1570 wurde er von Kaiser Maximilian II. geadelt. 1590/91 erlitt er einen gesundheitlichen Zusammenbruch.

Zusammen mit Giovanni Pierluigi da Palestrina gilt L. als der bedeutendste Komponist in der 2. Hälfte des 16. Jh.s. Von seinen etwa 1350 Kompositionen sind ca. 1200 in historischen Drucken erschienen, 477 Drucke zwischen 1555 und 1887 enthalten Sätze L.s. Alle in seiner Zeit gebräuchlichen Gattungen hat er bedient, wobei er nicht selten die stilistischen Gattungsgrenzen ignoriert hat. Gerühmt wurde er schon von den Zeitgenossen insbesondere für seine Phantasie bei der Textvertonung und Wortausdeutung, für die Ausdrucksstärke und stilistische Vielfalt seiner Werke.

L. stand in seiner Münchner Zeit in guter Verbindung zu den Höfen Österreichs. Dies waren zunächst die Königs- und Kaiserhöfe Ferdinands I., Maximilians II. und Rudolphs II. Von Ferdinand I. erhielt er auf dem Reichstag zu Regensburg/D 1557 41 Gulden für ein „Ehr Claidt“. Im Herbst 1562 begleitete er mit Musikern Herzog Albrecht V. nach Prag und anschließend nach Frankfurt a. M./D, wo Maximilian II. zum böhmischen und römischen König gekrönt wurde. Eine Pragreise, die vielleicht im Zusammenhang mit L.s Erhebung in den erblichen Adelsstand steht, ist für Februar/März 1570 belegt. Im Herbst 1573 war L. bei Maximilian in Wien und überbrachte ihm vom bayerischen Thronfolger Wilhelm Geschenke, für die sich Maximilian brieflich bedankt hat. L. berichtete dem Herzog von der „costliche[n] camer music“ am Kaiserhof. Vermutlich hängt die bald darauf erfolgte Verleihung einer kaiserlichen Gnadenkette an L. mit seinem Besuch in Wien zusammen. Mehrmals hat er Maximilian II. Kompositionen gewidmet; unbekannt ist, um welche Sätze es sich handelt. Maximilian bedankte sich mit Geldgeschenken. Das Druckprivileg von 1581 zeugt von Verbindungen zu Rudolph II.

Zu den Höfen der Erzhzg.e Ferdinand II. in Innsbruck und Karl in Graz bestanden gute Kontakte. L. kam 1582 mit Wilhelm V. nach Innsbruck und nochmals 1584, als er mit Wilhelm und Renata der Taufe von Erzhzg. Ferdinands Tochter Maria beiwohnte. Zu Graz ergaben sich die Beziehungen über Wilhelms V. Schwester Maria, die 1571 in Wien Erzhzg. Karl geheiratet hat; L. war möglicherweise mit Landshuter Kapellmusikern dabei. Maria bat ihren Bruder mehrmals in Briefen um Musik von L. Der in München bei Adam Berg ausgebildete Grazer Drucker G. Widmannstetter brachte einen Erstdruck mit Motetten L.s heraus (RISM 1594 a), er enthält einen Chor aus Stefano Tuccis Drama Christus Iudex, das 1589 auf der Jesuitenbühne (Jesuitentheater) in Graz gespielt wurde. L.s Sterbedatum ist aus einem Brief seiner Frau Regina vom 20.6.1594 an Erzhzg.in Maria von Österreich in Graz bekannt.

Die ÖNB Wien und die UB Graz besitzen reiche handschriftliche und gedruckte Quellenbestände mit Musik L.s, darunter die Wiener Handschrift Mus. Hs. 18744 mit den Prophetiae Sibyllarum und den Hioblektionen (erster Zyklus). Die Jh.e lange Aufführungsgeschichte von L.s Motetten dokumentiert ein Exemplar seines Magnum Opus Musicum (München 1604) im Pfarrarchiv Horn mit Randnotizen bis ins 19. Jh.


Ehrungen
persönliches Druckprivileg für Frankreich von Charles IX. 1571; von Rudolph II. verliehenes Privileg für das Reich 1581; von Papst Gregor XIII. erhoben zum Ritter des Goldenen Sporns 1573; 1. Preis für die beste Cäcilienmotette beim Komponistenwettbewerb in Evreux/F 1576 und 1583.
Schriften
W: Motetten, Madrigale, Chansons, dt. Lieder; Messen; Magnificats. – Ausgaben: O. di L. Sämmtliche Werke, hg. v. F. X. Haberl/A. Sandberger, 21 Bde. 1894–1926; O. di L. Sämtliche Werke, 2., nach den Quellen revidierte Auflage, neu hg. v. H. Leuchtmann/B. Schmid 1968ff; O. di L. Sämtliche Werke, Neue Reihe, 26 Bde. 1956–95. – WV: H. Leuchtmann/B. Schmid, O. di L. Seine Werke in zeitgenössischen Drucken 1555–1687, 2001.
Literatur
MGG 10 (2003); H. Leuchtmann, O. di L., I. Sein Leben, II. Briefe 1976/77; StMl 1962–66; J. Erb, O. di L. A Guide to Research 1990; I. Bossuyt et al. (Hg.), [Kgr.-Ber.] Orlandus Lassus Antwerpen 1994, 1995; B. Schmid (Hg.), [Kgr.-Ber.] O. di L. in der Musikgesch. München 1994, 1996; W. Boetticher, O. di L. und seine Zeit, I. Monographie, Neuausgabe, II. Verzeichnis der Werke 1998/99; P. Bergquist (Hg.), O. di L. Studies 1999; E. F. Schmid, Musik an den schwäbischen Zollernhöfen der Renaissance. Beiträge zur Kulturgeschichte des deutschen Südwestens 1962; H. Leuchtmann, Ein Porträt von Ferdinand de Lasso?, in Musik in Bayern20 (1980), 85–88; N. Gabriëls, Expanding the Lasso Dynasty. Ferdinand (II) di Lasso, inTijdschrift van de Koninklijke Vereniging voor Nederlandse Muziekgeschiedenis 56 (2006), 17–23.


(II) Seine Söhne

Ferdinand (I): * 1562? München, † 27.8.1609 München. Kapellmeister, Sänger und Komponist. Ab März 1583 als Tenorist in der bayerischen Hofkapelle belegt. 1585 nahm er Urlaub, um (auf Empfehlung seines Vorgängers L. Lechner) in die Kapelle des Grafen Eitel Friedrich IV. v. Hohenzollern-Hechingen einzutreten. Diesem widmete er sein Erstlingswerk, die Cantiones sacrae […] sex vocibus, die 1588 bei G. Widmannstetter in Graz erschienen. 1589 kehrte F. di L. an den Münchner Hof zurück, wo er ab 1590 wieder als Tenorist wirkte. Nach dem Tod seines Vaters übersiedelte er 1595 mit der verkleinerten Kapelle nach Landshut/D. 1602 wurde er als Nachfolger von J. de Fossa Hofkapellmeister in München. Das Magnum Opus Musicum, eine Sammlung von Motetten und Magnificats ihres Vaters, gaben F. und R. 1604 gemeinsam heraus.


Werke
Motetten (Cantiones quinque vocum 1597, hg. v. D. Crook 2007), Magnificat, Litanei; Madrigal.
Literatur
MGG 10 (2003); NGroveD 14 (2001); W. Boetticher, O. di L. und seine Zeit 1999; H. Leuchtmann in Musik in Bayern 20 (1980) [Bild]; H. Leuchtmann, O. di L. 1 (1976); E. F. Schmid, Musik an den schwäbischen Zollernhöfen der Renaissance 1962.


Rudolph: * ca. 1563 München, † 1625 München. Organist, Sänger, Kapellmeister und Komponist. 1585 rückte er an die Stelle seines Bruders F. als Tenorist der Hofkapelle nach, 1586 ging er ebenfalls nach Hechingen. 1589 wurde er am Münchner Hof zum 1. Organisten ernannt, 1609 (nach dem Tod seines älteren Bruders) zugleich zum Hofkomponisten; beide Ämter übte er bis zu seinem Tod aus. Möglicherweise war er auch Musiklehrer am Jesuitenkolleg. Er beförderte wichtige unveröffentlichte Werke seines Vaters zum Druck. Neben Vokalmusik im stile antico und mehrchörigen Motetten wandte er sich bereits dem konzertierenden Stil nach dem Vorbild Lodovico Viadanas zu.


Werke
Teutsche Psalmen 1588 (hg. v. W. Lipphardt 1928); Magnificat; Motetten (Cantiones sacrae sex vocibus 1601, hg. v. D. Crook 2007; Circus symphoniacus 1607); Triga musica qua missae odaeque Marianae triplice fugantur: in Viadanae modo 1612; Virginalia Eucharistica 1615; Messen (verschollen).
Literatur
MGG 10 (2003); NGroveD 14 (2001); W. Boetticher, O. di L. und seine Zeit 1999; H. Leuchtmann, O. di L. 1 (1976).


Ein weiterer Sohn Ernst (?–1596) trat 1589 als Diskantist in die Münchner Hofkapelle ein.


Literatur
W. Boetticher, O. di L. und seine Zeit 1999.


Ferdinands Sohn Ferdinand (II): * 1592 (Ort?), † 5.9.1630 München. Komponist. 1609 wurde er zur Ausbildung zu Giovanni Battista Crivelli nach Rom gesandt. 1616 erhielt er eine Kapellmeisterstelle in München, die er bis 1629 innehatte. Die Zuweisung des Apparatus musicus vocum octo (1622, mit Generalbass) an O. di L.s Enkel geht aus dem Widmungsbrief an Herzog Maximilian I. v. Bayern eindeutig hervor.


Werke
Messe, 3 Magnificat, Motetten, Marianische Antiphonen; Symphonia.
Literatur
N. Gabriëls in Tijdschrift van de Koninklijke Vereniging voor Nederlandse Muziekgeschiedenis 56 (2006).

Autor*innen
Bernhold Schmid
Alexander Rausch
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2010
Empfohlene Zitierweise
Bernhold Schmid/Alexander Rausch, Art. „Lasso, Familie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2010, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d700
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
HÖRBEISPIELE

Orlando di Lasso, Tityre, Tu Patulae à 6

DOI
10.1553/0x0001d700
GND
Lasso, Orlando di: 118569945
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Lasso, Ferdinand: 129018953
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Lasso, Rudolph: 123737125
OBV
Weiterführende Literatur
GND
Lasso, Ferdinand: 136320554
OBV
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