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Landmesse
Typus der Messkomposition (Kirchenmusik), der bewusst auf die bescheidenen Gegebenheiten von Land-Kirchenchören abzielt, d. h. leicht und auch mit fehlenden Mittelstimmen und/oder Instrumenten möglich ist, also für variable Besetzung angefangen von einer Orgel-begleiteten Gesangstimme als Minimum bis zu vierstimmigem Vokalsatz mit mehr oder weniger dicht besetztem Orchester. Der Begriff kommt erstmals 1733 vor (Valentin Rathgeber, Missale tum rurale tum civile), ist aber zweifellos älter. Als Ausgangspunkt ist die verbreitete vorbarocke Reduktionspraxis anzusehen, nicht besetzbare Stimmen für die Orgel „abzusetzen“ (Tabulaturen), die ja auch eine wesentliche Vorstufe für die Ausbildung des Generalbasses gewesen war. Ihre Erfindung geht also auf Praktiken von Kirchenmusikern zurück, die trotz ihrer eingeschränkten Möglichkeiten und meist auf besonderen Wunsch der Bevölkerung auf wenigstens fallweise repräsentative Kirchenmusik (besonders zu den sog. „heiligen Zeiten“) nicht verzichten wollten. Insofern kann man die L. als eine „typisch barocke“ Erscheinung ansehen, die z. T. bis heute weiterwirkt. Der große Bedarf wurde im 18. Jh. von Verlegern wie Lotter in Augsburg gedeckt, dessen Erzeugnisse (von Johann Anton Kobrich, Melchior Dreyer, Evermod Groll, Gregor Franz Bühler, Franz Gleißner u. a.) auch in Österreich weit verbreitet waren und hier besonders im 19. und frühen 20. Jh. Nachahmer fanden (J. B. Schiedermayr, A. Diabelli, J. B. Gänsbacher, F. X. Gruber, S. Sechter, L. B. Est [St. Stocker], Karl Ludwig Drobisch, R. Führer, Karl Kempter, J. G. Zangl, J. B. Molitor, F. Reisinger, A. Zangl u. v. a.). Eine besondere Bedeutung, nicht zuletzt auch in Hinblick auf die korrespondierende Volksmusik, kommt der zunehmenden Verwendung von Klarinetten und Hörnern (auch in tönernen Nachformungen) zu. Um 1800 büßte Lotter seine quasi-Monopolstellung ein und andere Verleger (Böhm/Augsburg, Haslinger und Steiner in Wien, Pietsch/Ziegenhals) kamen z. T. mit Serien heraus.
Literatur
R. Flotzinger in O. Wessely (Hg.), [Kgr.-Ber.] Bruckner Linz 1985, 1988.

Autor*innen
Rudolf Flotzinger
Letzte inhaltliche Änderung
14.3.2004
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Flotzinger, Art. „Landmesse‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 14.3.2004, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d714
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