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HenckeHencketrue (Henke, Henckl, Hengel), Johann
get. 3.12.1697 Geseke/Westfalen, † 1766-09-2424.9.1766 Wien. Orgelmacher. Er war das vierte Kind des in Geseke ansässigen Bildhauers Johann H. und dessen Gattin Elisabeth, geb. Kramer. H. erlernte den Orgelbau bei Heinrich Mencke in Beckum/D. Die folgenden Wanderjahre führten ihn u. a. nach Hamburg/D, Lübeck/D, Bremen/D, Minden/D, Frankfurt am Main/D, Braunschweig/D und Augsburg/D, bevor er sich ca. 1722 in Wien niederließ. Am 20.2.1724 erfolgte die Trauung mit Maria Anna Pfaner in der Stadtpfarrkirche St. Michael. Seine erste Tochter, getauft auf den Namen Ursula, kam ca. 1724 zur Welt. Nach der Ablegung des Bürgereids am 12.12.1725 führte er eine eigene Werkstätte. In den Wiener Steuerbüchern ist er ab dem folgenden Jahr zu finden. Seine Steuerleistung betrug weniger als die Hälfte jenes Betrages, den G. Sonnholz, der ebenfalls 1725 den Bürgereid geleistet hatte, zu entrichten hatte. Trotzdem war H. in der Anfangszeit mit der Bezahlung oft beträchtlich im Rückstand. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass H. 1727 bei der Geburt seiner Tochter Anna Maria als Beruf „Capillementarius“, also Perückenmacher, angab. Falls es sich um keinen Irrtum handelt, ist darin ein Indiz zu sehen, dass H. neben dem wenig ergiebigen Orgelbau einer Nebenbeschäftigung nachging.

Von den ab 1725 geborenen acht Kindern überlebten nur drei das Kindesalter. Am 9.11.1742 starb H.s Frau im Alter von 36 Jahren an Gelbsucht. Der Orgelbauer wohnte damals in Mariahilf (Wien VI) im „Rauchfangkehrerischen Haus“. Am 2.5.1743 heiratete der Witwer in der Pfarre St. Michael Anna Maria König (ca. 1714 – 29.12.1753). Die drei Kinder, die dieser Ehe entsprangen, starben im Kindesalter. Deren Mutter verstarb im Alter von 39 Jahren an Lungenentzündung. Der Wohnsitz befand sich im Haus „beym grünen Thor“ in Mariahilf. Kurz darauf verehelichte sich der Orgelbauer neuerlich. Doch auch dieser Ehe war keine lange Dauer beschieden, da Anna Barbara H. am 19.10.1757 im Alter von 28 Jahren starb. Sie hatte zwei Tage zuvor einem Sohn das Leben geschenkt, so dass als Todesursache Kindbettfieber angenommen werden kann. Über die wenig glücklichen Umstände dieser Ehe äußerte sich H. im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung; es war kein Heiratskontrakt geschlossen worden und das Heiratsgut war nicht zur Auszahlung gelangt. Auch habe ihn seine Frau hintergangen und heimlich Schulden gemacht.

H. wirkte am 23.5.1744 als Trauzeuge für den Orgelmacher Johann Franz Schöck. Szigeti teilt mit, dass H. 1753 in Erlau (Eger/H) in der Kirche der Barmherzigen Brüder zusammen mit seinem „Gesellen Matthias“ eine Orgel verfertigt habe. Dabei könnte es sich entweder um M. Jesswagner oder um M. J. Wiest gehandelt haben; beide legten 1754 den Bürgereid ab.

Am 22.9.1766 setzte H. wegen „Unpässlichkeit“ sein Testament auf. Er verstarb zwei Tage später an „kaltem Brand“ im Alter von 69 Jahren. H.s Tochter Ursula hatte am 29.1.1760 den Witwer Adam Wehe geheiratet. Nach dessen Tod ging sie am 11.5.1766 eine zweite Ehe mit dem Orgelbauer A. Pfliegler ein. Sie starb jedoch kurze Zeit später (1.10.1766). Pfliegler übernahm die Werkstätte seines verstorbenen Schwiegervaters, bei dem er vermutlich bereits vorher gearbeitet hat.

H. ist als der bedeutendste Wiener Orgelbauer zur Zeit des Spätbarock anzusehen. In der Prospektgestaltung kündigt sich in den späteren Werken bereits der Rokokostil an. Über 25 Arbeiten aus seiner Werkstätte sind bekannt, bei den wenigsten ist allerdings die klingende Substanz bis heute erhalten geblieben. Eine der größten österreichischen Barockorgeln errichtete H. in den Jahren 1751/52 im Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg. Trotz einiger Umbauten im 19. und 20. Jh. gibt das Werk mit 40 Registern noch heute einen Eindruck von H.s Orgelbaukunst.


Werke
Breitenfurt/NÖ-St. Johann Nepomuk 1726 (I/6, erhalten), Wien IX-Schwarzspanierkirche 1727/28 (1785 nach St. Augustin übertragen), Wien II-Barmherzige Brüder 1736 (1763 nach Leopoldau [heute Wien XXI übertragen, Gehäuse erhalten), Horn-St. Georg 1738, Horn-St. Stephan 1738 (Übertragung und Umbau einer Orgel von P. Peuerl von 1615 aus der St. Georgskirche), Bruck an der Leitha/NÖ 1740 (Positiv-Zubau, erhalten), Wien I-Maria am Gestade ca. 1740/50, Maria Schutz/NÖ 1741 (Gehäuse erhalten), Großrußbach/NÖ 1743/46 (Gehäuse erhalten), Wien I-Dorotheerstift 1744 (1787 nach Baden-St. Stephan übertragen, Gehäuse erhalten), Wullersdorf/NÖ 1744 (umgebaut erhalten), Wien I-Magdalenenkapelle am Friedhof bei St. Stephan 1746, Tulln 1746, Wien II-St. Leopold vor 1746, Himberg/NÖ vor 1746, Schwadorf/NÖ vor 1746, Schwechat-Maria am Anger 1746 (I/10), Horn-Piaristenkirche 1747, Stockerau/NÖ 1750, St. Andrä vor dem Hagental/NÖ 1749, Maria Kirchbüchl/NÖ 1750 (II/15, erhalten), Feldsberg (Valtice/CZ)-Pfarrkirche ca. 1750 (erhalten), Herzogenburg 1752 (III/40, erhalten), Mödring/NÖ 1752, Erlau-Barmherzige Brüder 1753, Wien IV-St. Thekla 1756 (I/9), Maria Taferl/NÖ 1760 (III/28, Gehäuse erhalten, s. Abb.), Wien XVI-Neulerchenfeld 1761, Pillichsdorf/NÖ 1761/62, Temesvár (Timişoara/RO)-Dom 1762, Wien II-Barmherzige Brüder 1763 (Gehäuse erhalten), Großengersdorf/NÖ 1763, Wien VI-Mariahilf 1763 (Gehäuse erhalten), Wien XIII-Lainz 1765, Hafnerberg/NÖ 1767 (von A. Pfliegler vollendet), Wien I-Bürgerspitalkirche o. J., Wien VIII-Alservorstadtkirche o. J. (Gehäuse erhalten), Wien I-St. Anna o. J. (erhalten, Umbau?), Wien-KHM (SAM) Positiv (I/4) ca. 1740.
Literatur
MGG 8 (2002) u. 16 (1979); O. Biba in Geseker Heimatblätter 26 (1968), Nr. 140; O. Biba in H. Heiling, Kurzinventar der Orgeln in Niederösterreich 16. bis 19. Jh., Ms. als Arbeitsbehelf hg. v. Bundesdenkmalamt 1973; Eberstaller 1955; A. Forer, Orgeln in Österreich 1973; Hopfner 1999; A. Huber in [Kat.] Die Klangwelt Mozarts Wien 1991, 1991; G. Lade, Orgeln in Wien 1990; R. Maunder, Keyboard Instruments in Eighteenth-Century Vienna 1998, 204; Quellen zur Gesch. der Stadt Wien 16 Bde. (1895–1921), Reg. 8401, 8412; K. Schütz, Der Wiener Orgelbau in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s, Diss. Wien 1969; K. Szigeti in Organa Austriaca 3 (1982); R. Walter in Organa Austriaca 3 (1982); [Fs.] Die neue Orgel zu St. Augustin in Wien 1976, 13; J. Sehnal in Österrr. Orgelforum 1 (1992); H. Schmitt in Heimatkundliche Beilage zum Amtsbl. der Bezirkshauptmannschaft Mödling 45/1 (2009). – Archivalien: WStLA, Unbehaustes Buch der Jahre 1726–35; Unbehaustes Catastrum 1749–67; TBP 1742, fol. 448; 1753, fol. 57; 1757, fol. 5v; DAW, Landpfarren Schwechat 1700–64.

Autor*innen
Rudolf Hopfner
Christian Fastl
Letzte inhaltliche Änderung
6.12.2019
Empfohlene Zitierweise
Rudolf Hopfner/Christian Fastl, Art. „Hencke (Henke, Henckl, Hengel), Johann‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 6.12.2019, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d113
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Orgel Maria Taferl© Christian Fastl
© Christian Fastl

DOI
10.1553/0x0001d113
GND
Hencke(Henke, Henckl, Hengel), Johann: 12918957X
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