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Baryton
Ein nur wenig normiertes Saiteninstrument mit Streich- und Zupffunktion; verwandt mit der Tenor- bzw. Bassgambe, verwendet hauptsächlich von ca. 1650 bis ins frühe 19. Jh. 6–7 Saiten aus Darm, und 9–28 Aliquotsaiten aus Metall. Ein seltener 3. Saitenbezug auf der Decke besteht aus Basssaiten (Bordunen, aus Darm). Das B. besteht aus einem birnenförmigen Korpus, einem flachen, beim Hals abgeschrägten Boden, und einer wenig gewölbten Decke. Die Schalllöcher sind in C-Form oder schlangenförmig. Griffbrett mit Bünden, verschiedene Größen, Ausstattung, Anzahl und Position der Saiten. Verschiedene Stimmungen (vgl. die Kasseler Manuskripte), die üblichste Stimmung der Greifsaiten D-G-c-e-a-d’ zeigt eine Anlehnung an die Bass-Gambenstimmung (Krause: Lautenstimmung auf A: A-d-f-a-d’-f’). Die meisten Aliquotsaiten wurden chromatisch gestimmt.

Die Bezeichnung geht zurück auf griech. „barytonos“ (= tief klingend), frz. „baryton“, dt. „Bariton“, ital. „baritono“. „Viola di Bardon“ (D. Speer: Grundrichtiger Unterricht, 1697), „Viola Paradon“ (Johann Georg Krause, vor 1704), „Viola de Paredon oder Bariton“ (J. Fr. B. C. Majer, 1732), „Viola di Bardone“, „Bordone“ (L. Mozart, 1756). Zum ersten Mal bei Marin Mersenne (Cogitata Physico-Mathematica, 1664) erwähnt. Die heute gebräuchliche Bezeichnung B. oder ital. Baritono scheint zum ersten Mal bei J. G. Albrechtsberger (Anweisung zur Composition, 1790) auf.

Die Unterschiedlichkeit der einzelnen Instrumente sowie die variable Saitenanzahl hatten eine Gebundenheit der Kompositionen an konkrete Instrumente zur Folge. Unterschiedliche Notationen, Tabulaturen. J. Haydn und seine Zeitgenossen notierten die B.-Stimme im Violinschlüssel (Klang eine Oktav tiefer). Die Zupfsaiten wurden mit arabischen Ziffern angegeben. Für dieses Instrument gibt es kein Lehrwerk. Die einzige gedruckte Sammlung, die auch eine Spielanweisung enthält, stammt von Johann Georg Krause (IX Partien, auf die Viola Paradon, vor 1704). Es war in Österreich, Süddeutschland, Böhmen, Ungarn und England v. a. in adeligen Kreisen sehr beliebt. Vor und nach 1700 wurde das B. am Wiener Hofe in der Arienbegleitung verwendet (A. Ariosti, J. J. Fux, Leopold I., A. Draghi, F. Conti, W. Pichl, V. Hauschka). Die Hochblüte erlebte das Instrument am Hofe des Fürsten N. Esterházy (1714–90), wie sich v. a. im Schaffen J. Haydns und weiterer Komponisten wie L. Tomasini, Burcksteiner (J. Purksteiner), Niemetz, Ant. Neumann, A. Kraft, A. Lidl und J. Weigl zeigt. Zu den wichtigsten Virtuosen des Wiener B.-Spiels seiner Zeit gehörte der Wiener Magistratsrat und Dilettant Franz (Francesco) de Fauner.

Die ersten erhaltenen Instrumente stammen von William Turner (1650) und Magnus Feldlen (Wien 1656). Weitere Instrumente bauten Andreas Stainer v. Absam (1660), J. Seelos (Linz 1684), Hans Kögl (Wien 1679), Heinrich Kramer (Wien 1714), Daniel Stadlmann (Wien 1715) und Johann Joseph Stadlmann (Wien 1750).


Literatur
NGroveDMI 1 (1986); E. Fruchtman, The B. Trios of Tomasini, Burgksteiner and Neumann, Diss. North Carolina 1960; E. Fruchtman in Acta mus. 34 (1962); C. Gartrell, The B.: its History and Music, Diss. Surrey 1983; D. Gutknecht in Studien zur Aufführungspraxis und Interpretation von Musik des 18. Jh.s 29 (1986); E. Küllmer, Mitschwingende Saite. Musikinstrumente mit Resonanzsaiten 1986; H. C. R. Landon, Haydn at Esterháza, 1766–1790, 1978; A. Lessing in Jb. für österr. Kulturgeschichte I/2 (1971); E. Schenk in DTÖ 124 (1972); G. Stradner in A. Beer et al. (Hg.), [Fs.] Chr.-H. Mahling 1997; W. O. Strunk in MQ 18 (1932); J. Webster in JAMS 27 (1974).

Autor*innen
Dagmar Glüxam
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Dagmar Glüxam, Art. „Baryton‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f7e9
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Baryton von Simon Schedler (Passau 1785). Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig, Inv.-Nr. 856. Foto: Karin Kranich, 
				CC BY-NC-SA 4.0, 
				via Europeana

DOI
10.1553/0x0001f7e9
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