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Akademie
In der ursprünglichen Bedeutung ein formeller Zusammenschluss von Interessierten zum Meinungsaustausch über philosophische, geistige oder kulturelle Fragen. Die Wiederbelebung der platonischen A.n erfolgte im späten 15. Jh. in Florenz, im 16. Jh. entstanden zahlreiche A.n in Italien. Stand in der Antike das freie Gespräch im Mittelpunkt, so wurden in der Renaissance die künstlerische Improvisation, die Stegreifdichtung und das Singen von Madrigalen gepflegt. Die A.n wurden zu Fest-A.n und zu Zentren des Neuen. Bereits damals diente der Begriff A. auch zur Bezeichnung einzelner Konzerte, v. a. im privaten Rahmen.

Erste „akademische Feiern“ mit Musik fanden in österreichischen Klöstern statt (Klosterkultur). Die italienischen Hofmusiker und -poeten waren Mitglieder der A.n in Italien und brachten die Idee mit nach Wien. 1656 gründete Kaiser Ferdinand III. (mit Erzhzg. Leopold Wilhelm als Promotor) die Accademia de Crescenti, die sich der Pflege der italienischen Dichtkunst und der ehrbaren Unterhaltung, d. h. der möglichst geistvollen Meinungsäußerung zu einem gestellten Thema widmete. In der Eröffnungssitzung 1657 wurden Instrumentalstücke mit 12 Gitarren aufgeführt, später auch Vokalmusik von G. F. Sances. 1668 gründete Kaiserinwitwe Eleonora II. die Accademia degli Illustrati, deren Diskussionsrunden mit Musik u. a. von G. B. Pederzuoli umrahmt wurden und bis 1686 nachweisbar sind. Der 1674 gegründeten A. von Leopold I. gehörten N. Minato und D. Cupeda an, Musik schrieben A. Draghi und sein Sohn Carlo Domenico. 1691 ist eine A. mit Gesang und Spiel in Wien, 1699 eine A. in Laxenburg belegt. 1697 traten erstmals Hofdamen als Rednerinnen auf. Mit der Zunahme der Musikeinlagen sank gleichzeitig der geistige Gehalt der A. In A. Draghis Trattenimento per musica Amore Academico (1691) ist z. B. die genaue Abfolge von Musik und Rede festgelegt. Zwei bis vier Sänger geben das Thema bekannt, in der abschließenden Conclusio wird der Beschluss der Gesellschaft bekräftigt. Die auskomponierte Introduzione und Conclusio unterscheiden sich in ihrer Form kaum von der gleichzeitig gepflegten Serenata bzw. der italienischen Oper. In Wiener Sammlungen gibt es innerhalb der Serenata-Kompositionen eine eigene Gruppe von „A.dialogen“, die durchkomponiert sind und ein einheitliches Werk darstellen.

Diente die A. zunächst nur der privaten Unterhaltung der kaiserlichen Familie und des Hofadels, ging ihre Bedeutung an der Wende vom 17. zum 18. Jh. vom Kaiserhof auf den Adel und später vom Adel auf das Bürgertum (Bürgerliche Musikkultur) über. Zunächst fanden A.n in Adelspalais statt, seit den 1750er Jahren steht der Begriff „musikalische A.“ für ein öffentliches Konzert. 1772 fand in Wien die erste A. der Tonkünstler-Sozietät im Kärntertortheater statt. Zu den öffentlichen A.n zählten Benefiz-Aufführungen, Virtuosenkonzerte und Entr’act-Aufführungen, die wegen ihrer Beliebtheit in den großen Sälen der Stadt abgehalten wurden. So fanden im Festsaal der Alten Univ. ab 1807 A.n v. a. der juridischen sowie der medizinischen Fakultät statt. Die Programme waren gemischt und beinhalteten auch Rezitationen und Tableaus.

Im 17./18. Jh. wurden A.n zur Aufführung von Opern und Konzerten gegründet. Bis 1800 diente der Begriff A. v. a. für Instrumental- und Orchestergesellschaften, nach 1800 wurden Chorvereinigungen danach benannt.

Der Begriff der musikalischen A. wirkte bis ins 19. Jh. und wurde v. a. in Österreich Vorbild für bürgerliche Musikgesellschaften. So geht die Gründung der Gesellschaft der Musikfreunde 1812 auf italienische Vorbilder zurück. 1849–55 bestand in Wien die von F. Glöggl errichtete A. der Tonkunst, an der auch einzelne Lehrkräfte des 1848 geschlossenen Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde unterrichteten und die auch einige Konzerte veranstaltete. Präsident war I. Assmayr.

Der Begriff A. steht schließlich auch für eine staatliche MSch. Frühe Beispiele sind die 1832 gegründete Royal Academy of Music in London, die Accademia di S. Cecilia in Rom (1839) sowie die A. der Tonkunst in München (1874). So trugen ab 1909 auch die Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien sowie die Vorgängerin der Grazer MHsch. diesen Namen (seit 1998 jeweils Universität für Musik).


Literatur
NGroveD 1 (2001); MGG 1 (1985); Riemann 1967; Mendel-R. 1 (1870); Czeike 1 (1992); M. Landau, Die italienische Literatur am österreichischen Hof 1879; Th. Antonicek, Musik im Festsaal der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1972; Seifert 1985; U. Hofmann, Die Serenata am Hofe Kaiser Leopold I. 1658–1705, Diss. Wien 1975; U. Hofmann in MusAu 2 (1979); W. Frobenius (Hg.), [Fs.] W. Braun 1993; MGÖ 1 u. 2 (1995).

Autor*innen
Andrea Harrandt
Letzte inhaltliche Änderung
18.2.2002
Empfohlene Zitierweise
Andrea Harrandt, Art. „Akademie‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 18.2.2002, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001f67d
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.


DOI
10.1553/0x0001f67d
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