Logo ACDH-CH
OeML Schriftzug
Logo OeML
Logo Verlag

Matačić, Matačić, true Lovro von
* 1899-02-1414.2.1899 Sušak/Kroatien-Slawonien (Sušak/HR), † 1985-01-044.1.1985 Agram (Zagreb). Dirigent und Komponist. Der Sohn der rumänischen Schauspielerin Constanze von Linden wurde schon in seinem 7. Lebensjahr zum Mitglied der Wiener Sängerknaben. Seine musikalische Ausbildung erhielt er unregelmäßig bei I. Herbst, F. Schalk, O. Nedbal u. a. 1915/16 war er Korrepetitor am Kölner Opernhaus, 1919/20 Kapellmeister in Osijek/HR, 1920–22 in Novi Sad/YU (Neusatz), 1922–24 in Laibach, 1924–32 in Belgrad, 1932/33 in Riga, 1933–38 in Zagreb und 1938–42 in Belgrad. Während des Zweiten Weltkriegs war M. in Zagreb, 1943–45 auch in Wien als „kroatischer militärischer Oberkapellmeister“ tätig. Von Titos Kommunisten 1945 zuerst zum Tode verurteilt, später begnadigt und nach einem Jahr in Gefängnis und Lager 1946 freigelassen. Bis 1954 durfte er jedoch weder in Zagreb arbeiten noch ins Ausland reisen. 1948–52 war er in Skopje (in der jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien) und dann 1952–54 in Rijeka/HR als Opern- und Orchesterdirigent tätig. 1954 hat M. seine Karriere zum zweiten Mal außerhalb seiner Heimat angefangen: 1956–58 war er Generalmusikdirektor der Dresdner Staatskapelle, 1961–66 Generalmusikdirektor der Oper in Frankfurt am Main/D, 1967 Ehrendirigent des N.H.K. Symphonie Orchester in Tokio und 1974–79 Chefdirigent des Orchestre national de l’Opéra de Monte Carlo/F. 1970–80 war er auch Chefdirigent der Zagreber Philharmonie.

M. gastierte sehr oft in Österreich: 23 Mal in Wien (1928–84), fünf Mal in Graz (1956–83) und drei Mal in Salzburg (1955–66), immer mit mehreren Auftritten. Er hat an österreichischen Opernhäusern (Wiener Staatsoper, Volksoper Wien, Theater an der Wien) und mit österreichischen Ensembles (Wiener Philharmoniker, Wiener Symphoniker, Radio Symphonie Orchester Wien, Mozarteum Orchester Salzburg, Grazer Philharmonisches Orchester) gearbeitet. Auf seinem Repertoire standen neben J. Haydn, W. A. Mozart, L. v. Beethoven, Fr. Schubert, J. Brahms, G. Mahler und besonders A. Bruckner auch Werke von G. v. Einem, Franz Schmidt und H. Wolf sowie von Operettenkomponisten (F. Lehár, Joh. Strauß Sohn, F. v. Suppè und C. M. Ziehrer). Außer in Kroatien und Österreich gastierte M. an wichtigen Opernhäusern wie Deutsche Staatsoper (Berlin), Teatro alla Scala (Mailand), Teatro San Carlo (Neapel), Bayreuth/D, Lyric Opera (Chicago/USA), Teatro Massimo (Palermo/I), Teatro Colón (Buenos Aires) u. a., und dirigierte prominente Orchester wie die Berliner Philharmoniker, Bamberger Symphoniker, Münchner Philharmoniker, Orchestra di Santa Cecilia, Orchestre national Belgique, Orchestre national de Paris, Detroit Symphony Orchestra, Philharmonia Orchestra, Česka filharmonija, Orchestre de la Suisse romande, Cleveland Orchestra, New Philharmonia London, Orchestre National de France u. a.

M. war ein Musiker der „alten Schule“, als Dirigent impulsiv, mit grandiosen Gesten und autoritativem Auftreten, aber auch ein minuziöser Kenner der Partitur, und als Organisator ein Mensch von bedächtiger Strategie. Er war breit gebildet, polyglott, aber auch ein Causeur und Bohème, mit fanatischer Ergebenheit zur Musik ohne Stil- oder Genre-Vorurteile, der ebenso Musik des 16. wie die der Avantgarde des 20. Jh.s dirigierte, und der selbst Symphonien komponierte sowie Volkslieder arrangierte. (Sein Motto war, dass es keine alte und neue, sondern nur gute und schlechte Musik gebe.) Sein großes Repertoire als Dirigent, neben den erwähnten österreichischen Komponisten, umfasste auch Konzert-, Symphonie- und Opernwerke sowie andere Kompositionen von J. S. Bach, Béla Bartók, Alban Berg, Georges Bizet, Luigi Boccherini, F. Chopin, Claude Debussy, Manuel De Falla, Umberto Giordano, Charles Gounod, Edvard Grieg, G. F. Händel, J. Haydn, Paul Hindemith, Eduard Lalo, F. Liszt, P. Mascagni, Jules Massenet, Felix Mendelssohn Bartholdy, G. Meyerbeer, Claudio Monteverdi, Modest P. Mussorgsky, Giovanni Pierluigi da Palestrina, G. Puccini, Maurice Ravel, G. Rossini, R. Schumann, R. Strauss, G. Verdi, A. Vivaldi, Rich. Wagner, C. M. v. Weber, Ermanno Wolf-Ferrari u. a. Besondere Aufmerksamkeit widmete er dem slawischen (incl. kroatischen) Repertoire mit Werken von Milij Balakirev, Krešimir Baranović, B. Bersa, Alexander Borodin, Ivan Brkanović, Natko Devčić, A. Dvořák, Alexander Glazunov, Josip Hatze, Stanko Horvat, Petar Konjović, Božidar Kunc, Fran Lhotka, V. Lisinski, Bohuslav Martinů, Stevan Mokranjac, Sergej Prokofjev, Sergej Rachmaninov, Nikolai Rimski-Korsakov, F. Smetana, Luka Sorkočević, Igor Strawinsky, Josef Suk, Josip Štolcer Slavenski, Stjepan Šulek, Peter I. Tschaikowsky, I. Zajc u. a. M. hat mindestens 66 Werke von 29 Komponisten für 33 Schallplattenfirmen aufgenommen, und seine Aufnahmen sind auf mindestens 173 Platten erschienen (u. a. Columbia, Denon, Supraphon, Electrola).


Ehrungen
Anton-Bruckner-Ring der Wr. Symphoniker 1981.
Werke
Phantasie f. Orch. (1915; verloren); März 1. 1916 f. Sopran u. Kl. (1917); Noć [Die Nacht] f. Sopran u. Kl. (1920; verloren); Ljetna noć [Die Sommernacht] f. Sopran u. Kl. (1920; verloren); Pjesma [Ein Lied] f. Chor u. Kammerorch. (1927?; verloren); Szenenmusik für William Shakespeares Macbeth (1933; verloren) und As You Like It (?; unvollständig) sowie Jean Baptiste Molières Le Malade imaginaire (?; unvollständig); Fünf Lieder nach Rainer Maria Rilke (1940); Ouverture f. Orch. (1951; unvollständig); Konjuh planinom [Durch die Konjuh-Gebirge] f. Chor u. Orch. (1969?); Ballade dramatique f. V. u. Kl. (1976; unvollständig); Balada konfrontacija/Simfonija konfrontacija [Ballade/Symphonie der Konfrontationen] f. 2 Kl.e, Streicher u. Schlagzeug (1978–82); Majka i njeni mrtvi [Die Mutter und ihre Tote] f. Symphonieorch. u. Chor (?; Skizzen).
Literatur
E. Sedak et al. (Hg.), M. 1996; NGroveD 16 (2001); Die Stunde 21.4.1925, 7; https://de.wikipedia.org/wiki/Anton-Bruckner-Ring (8/2019).

Autor*innen
Stanislav Tuksar
Letzte inhaltliche Änderung
27.8.2019
Empfohlene Zitierweise
Stanislav Tuksar, Art. „Matačić, Lovro von‟, in: Oesterreichisches Musiklexikon online, begr. von Rudolf Flotzinger, hg. von Barbara Boisits (letzte inhaltliche Änderung: 27.8.2019, abgerufen am ), https://dx.doi.org/10.1553/0x0001d8ea
Dieser Text wird unter der Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 AT zur Verfügung gestellt. Das Bild-, Film- und Tonmaterial unterliegt abweichenden Bestimmungen; Angaben zu den Urheberrechten finden sich direkt bei den jeweiligen Medien.

MEDIEN
Die Stunde 3.8.1923,
		5© ANNO/ÖNB

DOI
10.1553/0x0001d8ea
GND
Matačić, Lovro von: 119542587
OBV
Weiterführende Literatur

ORTE
Orte
LINKS
Bayerisches Musiker-Lexikon Online


ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft

Publikationen zur Musikwissenschaft im Verlag